An der Küste zum Pazifik
Wineguide: Chardonnay aus Sonoma County
Degustation: Nicole Harreisser, Miguel Zamorano; Text: Miguel Zamorano, Fotos: VINUM
Kalifornien und Chardonnay - zwei Wörter, die getrennt und gemeinsam verheissungsvolle Träume evozieren. Der US-Bundesstaat als Magnet für Traumjäger und anpackende Pioniere; die Sorte, weil sie hier im wichtigsten - weil grössten - Weinanbaugebiet der USA vielleicht ihre besten Vertreter aus der Neuen Welt hervorbringt; ganz sicher aber den typischsten Blockbuster neben Cabernet Sauvignon. Diese kalifornische Machart ist der wahrscheinlich folgenreichste Beitrag der USA zum Planeten Wein. Der Stil wird heute weltweit nachgeahmt. Dabei war nicht selbstverständlich, dass den Chardonnay mal dieses goldene Schicksal ereilen würde. Nachdem die Prohibition der 20er Jahre dazu führte, dass sie in Kalifornien fast völlig herausgerissen wurde, dauerte es eine Weile, bis die Traube wieder das Parkett betreten durfte. Einer der ersten, der die Sorte wieder kultivierte, war der US-Botschafter James D. Zellerbach, im Jahr 1957.
Der kalifornische Stil wird heute weltweit nachgeahmt
Knapp 20 Jahre später kam die US-Gesellschaft auf den Geschmack, die Zeit war gekommen - Chardonnay wurde angebaut und in grossen Mengen konsumiert. Dabei beglückten die Winzer die neuen Wein-Entdecker mit einem Chardonnay-Stil, der ins Opulente ging, viel Frucht, viel Eichenholz, viel Butternoten, Blockbuster eben. Es ging so weit, dass irgendwann die Gegenbewegung einsetzte. Der Schlachtruf «Anything but Chardonnay (ABC)» dürfte dafür mitverantwortlich sein, dass eine Avantgarde von Kritikern und Produzenten sich für autochthone Sorten aussprach, auch für schlanke, frische und nicht überladene Weine. Viele Winzer in Kalifornien haben sich dieser Kehrtwende angeschlossen. Diese Mikroverkostung zeigt uns, dass sie sich gekonnt bewegen zwischen Klassik und Moderne. Wir können nach dieser Verkostung jedenfalls nicht süffisant «ABC» rufen, sondern sind einfach nur restlos begeistert.