Ein weihnachtlicher Kochworkshop mit dem Weingut Kornell, Winzerhof Stahl, Ô Fâya Farm & Weingut Dorli Muhr

Winzer kochen in der VINUM-Weihnachtswerkstatt

Text: Harald Scholl, Fotos: Annette Sandner

Es ist die Zeit der Weihnachtsessen, der fröhlichen Völlerei, des Geniessens. Da wollen wir natürlich nicht hintenanstehen und sorgen mit Rezepten und Weinen für Inspiration. Wir haben Winzerinnen und Winzer aus Österreich, der Schweiz, Deutschland und Südtirol eingeladen miteinander zu kochen, zu fachsimpeln und auszuprobieren. Ein weihnachtlicher Kochworkshop, der eines ganz klar machte: Wer Wein machen kann, versteht auch etwas von gutem Essen. Vier Rezepte als Inspiration für die eigene Menüfolge.

Weingut Kornell

Geplant war es nicht wirklich, dass Florian Brigl vor 25 Jahren den elterlichen Gutshof Kornell von seinem Vater übernahm. Aber der umtriebige junge Mann hat in den Jahren das Weingut zu einem der renommiertesten Weinbaubetriebe Südtirols gemacht. Das ist nicht völlig überraschend, immerhin konnte er auf eine mehrere hundert Jahre andauernde Weinbautradition zurückblicken und – was noch viel wichtiger war – auf erstklassige Weinbergslagen. Gerade mal 6000 Flaschen konnte er 2001 von seinem ersten eigenen Jahrgang und unter eigenem Etikett auf den Markt bringen. Inzwischen sind es je nach Jahrgang rund 150'000 Flaschen, die den Betrieb in Siebeneich verlassen. 21 Hektar bewirtschaftet das Team um Florian Brigl, besonders stolz ist er auf die nach Süden ausgerichteten Porphyr-Verwitterungsböden mit südlicher Ausrichtung rund um das Weingut, die eine nahezu perfekte Grundlage für grosse Weine bieten. Die Familie besitzt neben den Weinbergen rund um den Ansitz in Siebeneich weitere Lagen in Eppan Berg und in Gries bei Bozen. Die Trauben wachsen in einer Höhe von 270 bis 550 Metern über dem Meeresspiegel, mehr als 2100 Sonnenstunden pro Jahr lassen sie in aller Regel voll ausreifen. Florian Brigl ist wie fast alle Winzer davon überzeugt, dass gute Weine im Weinberg wachsen; im Keller werden die Weine nur noch begleitet. Kein Wunder also, dass die Arbeit in den zum Teil recht steilen Weinbergen vornehmlich von Hand erledigt wird, vor allem der Bodenarbeit widmet das Team viel Zeit. Am Ende entstehen Weine, die in jeder Preisklasse überzeugen können und immer über ausgezeichnetes kulinarisches Potential verfügen.

 

Rindfleischsuppe mit Tortellini und Parmesan von Florian Brigl
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Der passende Wein

Cuvée Bianco Aichberg 2020

Ein ausgezeichnetes Beispiel für den Stil des Hauses Kornell ist die 2019er Cuvée Bianco Aichberg aus 50 Prozent Chardonnay, 40 Prozent Pinot Bianco und 10 Prozent Sauvignon Blanc. Sie duftet im Glas zart nach Holunderblüten, Roten Johannisbeeren, Passionsfrucht und grünem Tee. Am Gaumen zeigt sie sich dicht, seidig, trotzdem straff und mit einer feinen pikanten Note. Auf der Zunge mit kristalliner Frische, jetzt kommen auch Apfel, Melone und Quitte in den Sinn. Sehr vielschichtig und sich aromatisch beständig wandelnd.

www.kornell.it


Winzerhof Stahl

Erfolgreich auf mehreren Hochzeiten zu tanzen, dass schaffen nur wenige Winzer. Christian Stahl ist definitiv einer von ihnen. Er ist ein sehr arrivierter Winzer (3,5 Sterne im VINUM Weinguide) und gleichzeitig ein sehr talentierter Koch (15 Punkte, 2 Hauben), der im zum Weingut gehörenden Restaurant gross aufkocht. Für Stahl ist das eine ohne das andere einfach nicht denkbar, ein guter Winzer sollte sich in kulinarischen Fragen auskennen, so seine feste Überzeugung. Und man schmeckt sehr deutlich bei allen Weinen von Christian Stahl, dass er weiss, was einen Wein zum perfekten Speisebegleiter macht. Alle Stahl-Weine schreien regelrecht nach Speisebegleitung, sie sind immer trocken ausgebaut, weisen animierende Frische auf, glänzen mit moderaten Alkoholgehalten. Auch das moderne, zurückhaltende Design der Flaschen zeigt an, worum es geht: Begleitung, nicht Dominanz. Dass sie aber ebenso erstklassige Solisten sind, kann in dieser Begeisterung leicht untergehen. Immerhin 33 Hektar bewirtschaftet der studierte Weinbauingenieur inzwischen mit seinem Team, die meisten Weinberge hat er im Taubertal. Aber auch beste Lagen in Randersacker oder Sulzfeld sind darunter, überwiegend bestockt mit weissen Sorten wie Silvaner, Chardonnay, Sauvignon Blanc oder Müller-Thurgau. Ein erstaunliches Wachstum, bei der Übernahme des elterlichen Betriebs im Jahr 2000 waren es gerade 1,5 Hektar Weinberge, auf die er Zugriff hatte. Wie er es daneben noch geschafft hat, seine Kochkünste auf ein derartiges Niveau zu heben, bleibt sein Geheimnis. Wir ziehen jedenfalls den Hut vor so viel Schaffenskraft.

 

Geflämmte Forelle mit Kürbis und Kaviar von Christian Stahl
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Der passende Wein

Scheurebe Cyriakusberg 2020

Die geflämmte Forelle selbst braucht einen zurückhaltenden Begleiter, gleichzeitig muss er aber auch mit den salzig-würzigen Komponenten wie der Shiro-Dashi-Mayonnaise auskommen. Die Scheurebe aus dem (Sulzfelder) Cyriakusberg wird aus Trauben alter Reben gekeltert, was diesem Weisswein mineralische Würze, Komplexität und Tiefe verleiht. In der Nase mit zarten Fruchtnoten, Weisse Johannisbeeren, Pfirsich, Grapefruit und frischen Kräutern. Am Gaumen saftig, lebhaftes Spiel von Säure und Würze, sehr straff und schlank. Für eine Scheurebe dennoch dezent, mit beachtlicher Länge und äusserst trinkanimierend.

www.stahlwein.de


Ô Fâya Farm

Das ist in der Tat ein veritabler Quereinstieg: Ilona Thétaz stammt aus Luzern – einer für den Weinbau weniger bekannten Region – und hatte zunächst den Plan, Schauspielerin zu werden. Von der Arbeit in den Reben erst einmal keine Spur. Es wurde dann aber doch der Beruf der Winzerin beziehungsweise der Önologin. Bei der Genossenschaft Provins erwarb sie Erfahrungen, machte eine Ausbildung und lernte das Handwerk. Wer Ilona persönlich trifft, stellt schon nach wenigen Minuten fest, dass ein Job in einer Genossenschaft oder einem grossen Weingut aber keine Alternative wäre. Hier ist ein Freigeist am Werk, jemand, der sich ausprobieren will, der neugierig ist und vor allen sein eigenes Ding machen will. Die Ô Fâya Farm im Wallis ist genau das, ein Ort, an dem Ilona ihren Wein macht. Im Zusammenspiel mit Katzen, Schafen und Hühnern, mit Reben und Aprikosenbäumen. Und Safran. Ziemlich viel drumherum, aber Ilona spielt wie selbstverständlich mit allen diesen Elementen. Und so eigenständig wie das Projekt – dass auch durch ein Crowdfunding möglich wurde – sind auch die Weine. Neudeutsch würde man die Weine wohl als Natural Wines bezeichnen, keine mineralischen Dünger, Herbizide oder Pestizide, Handarbeit, keine Hefen, keine Filtration, wenig bis gar keine Schwefelung. Ach ja – und selbstgestaltete Etiketten. Klingt auf den ersten Blick wie eine Freakshow, ist es aber beileibe nicht. Selbst der Orange-Weine aus weissen Trauben (Orange de Grains Blanc), im Jahrgang 2020 ausschliesslich aus Silvaner gemacht, ist zwar trüb im Glas, aber glasklar auf der Zunge.

Safranschaum mit «Zauber-Ei» von Ilona Thétaz
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Der passende Wein

Orange de Grains Blanc (in 2020: nur Silvaner)

Ilona Thétaz hat in der Vergangenheit immer wieder auf andere Rebsorten für den Orange-Wein gesetzt, einfach weil sie in Ermangelung eigener Rebflächen die Trauben zugekauft hat. 2020 war das zu hundert Prozent Silvaner. Und ungewöhnlich genug für einen Orange ist die Rebsorte zu schmecken. Die vom feinem Gerbstoffgitter geprägte Würze erinnert an Weine aus Franken, der Wein ist gut ausbalanciert, hat Frische, schöne Dichte am Gaumen und tollen Trinkfluss. Vor allem die kraftvolle Struktur des Weins hält sehr gut gegen den Safranschaum an, mit der saftigen Textur wird das cremige Eigelb gekonnt ausbalanciert.

www.ofaya.ch


Weingut Dorli Muhr

Sie ist ein regionales Gewächs: Dorli Muhr stammt aus Rohrau in Carnuntum, 40 Kilometer südöstlich von Wien. Rohraus ist ein kleiner Ort, der bisher nur als Geburtsort von Joseph Haydn in Erscheinung getreten ist. Zumindest aus Sicht der Weinliebhaber hat sich das geändert, Dorli Muhr hat die 1600-Seelen-Marktgemeinde auf die Landkarte des österreichischen Weins gehievt. Gelungen ist ihr das mit aussergewöhnlichen Weinen aus der Riede Spitzerberg, Rebsorte Blaufränkisch. Die 2017er Ausgabe war für internationale Verkoster der beste je produzierte Wein aus der Rebsorte. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass Muhr hauptberuflich eine sehr erfolgreiche Agentur leitet und mit dem Wein erst 2002 richtig begonnen hat. Mittlerweile bearbeitet sie zwölf Hektar Reben auf dem Spitzerberg, ausschliesslich in biologischer Wirtschaftsweise. Dabei hilft ihr eine geologische Besonderheit, der Spitzerberg liegt im beständig windigen Korridor zwischen Alpen und Karpaten, eine der trockensten und heissesten Regionen Österreichs. Das sorgt für gute Belüftung und Traubengesundheit. Die Erträge sind allerdings wirklich klein, dafür aber von aussergewöhnlicher Aromatik und enormer Mineralität. Etwa 35 000 bis 40'000 Flaschen macht Muhr pro Jahr, davon rund 75 Prozent reinsortigen Blaufränkisch. Und die einmaligen Rahmenbedingungen sorgen auch dafür, dass die Weine auf der ganzen Welt sehr gesucht sind. Von burgundischer Eleganz und distinguierter Kühle geprägt, sind sie keine Weine für Wirkungstrinker, oft genug wird ihre Tiefgründigkeit und Komplexität noch unterschätzt. Gut für all jene, die es erkennen. Denn so hat man eine Chance darauf, diese Preziosen weiterhin ins Glas zu bekommen.

Geschmorte Lammstelzen mit Erdäpfelpüree von Dorli Muhr
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Der passende Wein

Blaufränkisch Ried Spitzerberg 2017 ÖTW.Erste Lage

Trauben von 45 bis 60 Jahre alten Reben, fussgestampft, langsam mit wilden Hefen vergoren und 20 Monate im grossen alten Fass ausgebaut, ohne Filtration abgefüllt. In der Nase Brombeere, Rauch, Tabak, Fleisch, Thymian. Im Mund verwirrend kühl, sehr fokussiert in der Zungenmitte. Wieder die klare schwarze Frucht, auch wieder etwas Kräuter und etwas Nuss. Fest gewirkt, sehr feinkörniges Tannin, zarter Säurekick, dazu mineralischer Biss am Zahnfleisch. Die Frische zieht sich durch bis ins Finale, wird nie breit, hat immer Zug.

www.dorlimuhr.at

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