Saftig, süffig, preiswert

Selektion für clevere Geniesser

Text und Bilder: Rolf Bichsel

Lust auf einen mit Kenntnis und Fingerspitzengefühl gemachten, erfrischenden, authentischen weissen Burgunder, der immer und überall passt, jedem schmeckt und kaum etwas kostet? Dann sollten Sie diese und die vorhergehende Seite besonders aufmerksam studieren!

Ich höre es schon böse durch die Online-Foren rauschen: «Was, VINUM kennt die Stars des Mâconnais nicht, die Bret, Burrier, Thévenet, Lafon und wie sie alle heissen, und präsentiert uns eine Handvoll völlig unbekannter Winzer, Nobodys, deren Weine noch nicht einmal überall erhältlich sind?» Die Antwort heisst: «Klar, ja.» Man kann nicht dauernd behaupten, Burgunder seien zu rar und zu teuer, und sich dann genau auf die paar Güter stürzen, die dieses Vorurteil zementieren. Und was die Erhältlichkeit betrifft: Das wird sich garantiert rasch ändern. Es gibt auch in unseren Landen immer noch eine stolze Anzahl mutiger Weinhändler, die nicht einfach nur dem Mainstream hinterherrennen, sondern Vorausdenken und so noch echt was für ihre neugierigen Kunden tun. Und sonst: Mâcon liegt sozusagen gleicht jenseits der Schweizer Grenze. Ein Besuch lohnt sich allemal. Alle hier angeführten Produzenten empfangen Besucher und verkaufen meist auch direkt. Und vergessen wir nicht: Hier kommen auch Wanderer, Schlemmer und Kulturliebhaber auf ihre Rechnung. Wer nach einem Ausflug aufs Land etwas Grossstadtluft schnuppern will, hat es ebenfalls einfach: Lyon liegt sozusagen gleich um die Ecke.

Die Region Mâcon gehört zum Departement Sâone et Loire. Sie erstreckt sich über rund 40 Kilometer Länge von Nord, das heisst, von der Côte Chalonnaise, nach Süd, wo sie an die Region des Beaujolais stösst. Sie besteht aus einem wahren Mosaik von (Dorf)lagen und zählt knapp 4000 Hektar Reben. Nur gerade 500 Hektar sind mit Gamay und Pinot Noir bestockt, den Sorten für Mâcon rot und rosé. Der stolze Rest ist dem Chardonnay vorbehalten, der hier besonders gute Bedingungen vorfindet. Fünf Crus produzieren Weissweine: Pouilly Fuissé, Pouilly Loché, Pouilly Vincelles, Saint Véran und Viré-Clessé. Ein Mâcon (ohne Zusatz) stammt aus elf Gemeinden rund um die Stadt Mâcon und den Ort selber. 16 Dörfer haben Anspruch auf die Appellation Mâcon Villages. Stammen die Trauben einer Abfüllung aus einer einzigen Gemeinde, darf dem Namen Mâcon der Dorfname beigefügt werden: Mâcon Vergisson, Mâcon Chaintré etc. Weitere bekannte Gemeinden sind Bray, Azé, Charnay-lès-Mâcon, Cruzille, Igé, Milly Lamartine, Prissé, Pierreclos oder Verzé. Und natürlich Chardonnay: Ein Mâcon Chardonnay bezeichnet nicht etwa einen Sortenwein (auch wenn er das ebenfalls ist), sondern einen Wein aus dieser Gemeinde. Mehr und mehr Winzer füllen Dorflagen ab oder produzieren gar Einzellagenweine, was zur besonderen Vielfalt an Stilen beiträgt. Doch sollte man sich nicht von der Vielfalt an Namen verwirren zu lassen. Dorflagen und selbst Crus sind hier nicht als Hierarchie, sondern als Hinweis auf die Vielfalt an Böden und Ausrichtungen aufzufassen.

Der Chardonnay wächst an den Flanken der Monts du Mâconnais, in einer Höhe von rund 250 bis knapp 500 Metern, an gegen Süden und Südosten hin ausgerichteten Hängen, aber auch in nordöstlicher Lage, entweder auf stark kalkhaltigen Böden, was besonders gut strukturierte Weisse mit gutem Reifepotenzial ergibt, oder auf stärker lehm- oder sandhaltigen Böden, die nicht selten mit Geröll aus Sandstein vermischt sind. Hier gerät der Chardonnay besonders fruchtig, leicht und luftig.

Wir haben es bereits mehrmals erwähnt: Der Preis für einen Mâcon, lange der Hauswein der Pariser Bistros, ist meist besonders günstig. Da ist es nicht verwunderlich, dass viele Winzer mit der Maschine ernten, das Maximum der erlaubten Erträge einbringen, ihre Weine ausschliesslich im Tank ausbauen und möglichst früh auf den Markt bringen, meist im Frühjahr nach der Ernte. Bei einem Endverbraucherpreis von weniger als 10 Euro ist das gar nicht anders möglich. Trauben für Spitzen- oder Lagen-Cuvées, deren Preis im Schnitt zwischen 10 und 20 Euro liegt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, werden hingegen von Hand geerntet und vergären zumindest zum Teil im Holz. Doch regelrecht von Holz verzeichnete Weine sind hier Gott sei Dank selten.

Ein Mâcon ist erst einmal und vor allem der Weisswein der Weissweine. Die preiswerte und doch gut gemachte Flasche, die immer im Kühlschrank bereitstehen sollte, fruchtig, süffig, erfrischend, mit Noten von Blüten und Zitrusfrüchten, mit Vergnügen bereits im Jahr nach der Ernte zu geniessen. Der ideale Wein für alle Gelegenheiten, zum Aperitif, zum Umtrunk, zu jeder Art von leichten Speisen. Doch man bringe selbst junge Weine möglichst nicht direkt vom vier Grad kühlen Freezer auf die Tafel, sondern lasse ihn ein paar Minuten atmen (entkorken, ein Glas entnehmen, etwas erwärmen lassen, acht Grad sind ideal). Einfache Weine wird man nicht länger als zwei Jahre lagern, sie verlieren ihre Fruchtigkeit und damit ihr wichtigstes Attribut. Lagenweine und Selektionen, besonders, wenn sie im Holz vergären, verdienen hingegen mindestens zwei bis drei Jahre Kellerruhe und halten sechs bis zehn Jahre. Sie entwickeln dann ein besonders verführerisches Bouquet von kandierten Früchten, Melone, Pfirsich oder Aprikose, mit einem subtilen Hauch von Fenchel, Anis oder Eukalyptus und mineralischen Akzenten. Sie passen nicht nur zu Fisch und Meeresfrüchten, sondern auch zu Geflügel, Käse, Wurstwaren und allerlei exotischen Kompositionen. 

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