Tour durch die Rioja-Zonen

Rioja mal drei

Text: Thomas Vaterlaus, Fotos: John William at Crush Wine Photos, www.jpegestudio.com

Jede der drei Rioja-Zonen hat ihren eigenen Charakter. Dieser zeigt sich auch in den drei Zentren dieser Subregionen. Haro in der Rioja Alta mit den mächtigen Bodegas im Bahnhofsviertel ist die Stadt des Handels, Laguardia in der Rioja Alavesa ist von der Mentalität der Winzer geprägt, und Alfaro im Osten der Rioja Oriental ist ein Landstädtchen, wo Weinbau ein Teil einer ganzheitlichen Landwirtschaftskultur ist.

Laguardia

Das Winzer-Städtchen

Für viele ist es schlicht und einfach das schönste Winzerstädtchen Spaniens. Wie ein Adlerhorst thront Laguardia, der Hauptort der kleinen, aber feinen Rioja Alavesa, auf seinem Hügel zwischen der Sierra de Cantabria und dem Ebro-Fluss. Wer auf der Ringmauer spaziert, welche die kleine mittelalterliche Altstadt immer noch teilweise umgibt, hat einen spektakulär weiten Blick auf die tausenden von kleinen und winzigen Rebparzellen, die einer Patchworkdecke ähnlich bis zum Horizont reichen. Mittendrin glitzert das riesige Wellendach der Bodega Ysios (Architekt: Santiago Calatrava) wie ein gigantischer Edelstein und beweist, dass hier das Historische und das Moderne nahtlos ineinander übergehen. Tatsächlich hat Laguardia bauhistorisch viel zu bieten: Das gotische Südportal der Iglesia de Santa María de los Reyes gehört zu den spektakulärsten in Nordspanien. Tagsüber spielen Kinder in den Strassen, Mütter mit Kinderwagen stehen zu einem Schwatz auf der Plaza Mayor zusammen, und auf den Bänken sitzen ältere Männer mit Baskenmützen und diskutieren über die elementaren Dinge des Lebens… Wenn dann abends der kühle Bergwind eine Spur zu heftig durch die engen Gassen pfeift, ist es Zeit, sich in einer Tapasbar wie der Velor ein Gläschen Joven zu einem Lokalgericht wie Patatas a la Riojana oder Piquillos Asados al Horno zu gönnen. Wer der spanischen Sprache mächtig ist, wird spätestens nach dem dritten Gläschen von den Einheimischen die eine oder andere Episode aus Familiengeschichten hören, die fast immer mit dem Weinbau verbunden sind. Es sei ihm schon immer klar gewesen, dass sein bester Schulfreund mal ein berühmter Kellermeister werden würde, erzählt da vielleicht einer, habe dieser doch schon als Kind ein so feines Näschen gehabt, dass er im Winter allein am Geruch der Mäntel habe herausfinden können, wem sie gehören…

TIPPS

Laguardia liegt im Baskenland, etwa hundert Kilometer südlich von Bilbao. Die Kleinstadt mit ihren 1500 Einwohnern ist das Zentrum der Weinregion Rioja Alavesa.

Hotel-Tipp

El Retiro del ObispoCalle Santa Engracia 3, Laguardia
elretirodelobispo.com
Vier Zimmer, sorgfältig mit Antiquitäten eingerichtet, versprechen Rioja-Feeling pur.

Restaurant-Tipp

Hospederia de los ParajesMayor Kalea 46, Laguardia
hospederiadelosparajes.com
Ambitioniertes Lokal mit guter Küche inmitten der Altstadt.


Haro

Das Handelsstädtchen

Stufe für Stufe führt die Treppe hinunter in eine entrückte, kühle Welt fern von Tageslicht und Zeit. Es riecht nach Erde, Staub und alten Fässern, die Wein ausatmen. Es riecht nach Rioja Gran Reserva, die hier in tausenden von Fässern jahrelang in vollkommener Ruhe und Dunkelheit reift. Was der Besucher hier wahrnimmt, ist eine feierliche Spiritualität. Auch von aussen geben die mächtigen Rioja-Bodegas, die sich im Bahnhofsviertel von Haro um die kleine Station gruppieren, eine eindrückliche Kulisse ab. Nicht umsonst nennt man sie die Kathedralen des Weins. Zu verdanken haben wir diese auch der Reblaus. Denn als nach 1860 das aus Amerika eingeschleppte Tierchen die Weinproduktion in Bordeaux zum Erliegen brachte, sprang die Rioja in die Bresche. Hunderte von Weinhändlern kamen, um Wein zu kaufen. Die riesige Nachfrage führte zum Bau der mächtigen Bodegas und schliesslich auch zur Inbetriebnahme der Eisenbahnstrecke, auf der ab 1880 der Rioja-Wein direkt von Haro über Bilbao bis nach Frankreich rollte. Wenige Jahre später wurde die  Reblaus gebändigt, und Bordeaux nahm die Weinproduktion wieder auf. Aber die mächtigen Wein-Kathedralen in Haro sind zum Glück geblieben… Auch im historischen Zentrum zeugen etliche Herrschaftshäuser, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen, vom Reichtum, den vor allem der Wein dem Städtchen gebracht hat. Rund um die Plaza Mayor gibt es eine Reihe von traditionellen Bars und Restaurants, etwa das «Asador Terete» (Restaurant) oder das «Beethoven I» (Restaurant) und «Beethoven III» (Bar), die sowohl von Einheimischen als auch von Weintouristen gerne besucht werden.

TIPPS

Das 12 000-Einwohner-Städtchen Haro ist der Hauptort der Rioja Alta und das Zentrum des Rioja-Weinhandels. Viele der traditionellen Bodegas bieten Degustationen und Führungen an.

Hotel-Tipp

Eurostars Hotel Los Agustinos San Agustin 2, Haro
eurostarslosagustinos.com
Das 600-jährige Gemäuer beherbergte einst ein Kloster, später eine Militär-garnison, ein Gefängnis und ein Spital.

Restaurant-Tipp

BeethovenCalle Santo Tomas 3, Haro
www.beethovenharo.com
Traditionelle Küche, klassisches Am­biente, dazu eine typische Tapas-Bar.


Alfaro

Das Landstädtchen

Östlich von Logroño, wo die Rioja Oriental beginnt, ändert das Ebro-Flusstal seinen Charakter, es wird weitläufiger und flacher. Weinberge wechseln sich nun zunehmend mit Gemüsefeldern ab. Der Ebro ist mit seiner Länge von 910 Kilometern der zweitlängste Fluss in Spanien. Fast schon abenteuerlich ist sein geografischer Verlauf. Sein Ursprung befindet sich im kantabrischen Gebirge rund 1900 Meter über Meer, nur gerade hundert Kilometer von der Atlantikküste bei Santander entfernt. Doch er bringt sein Wasser eben nicht in den nahen Atlantik, sondern fliesst beharrlich in Richtung Südosten, bis er südlich von Barcelona ins Mittelmeer mündet… Das Städtchen Alfaro, die Heimat der weitverzweigten Palacios-Familie, ist eine Kleinstadt mit rund 10 000 Einwohnern. Seit in den Höhenlagen der nahegelegenen Sierra de Yerga immer mehr Topweine entstehen, die mit Finesse und Eleganz überzeugen, zieht auch dieses Landstädtchen, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, mehr Interesse auf sich. Rund um die Plaza de España, wo die mächtige Kollegiatkirche steht, treffen sich an den warmen Sommerabenden in den einfachen Bars und Restaurants alle Generationen. Bekannt geworden ist Alfaro auch als «Welthauptstadt der Störche», denn auf dem Dach der Kollegiatkirche sollen sich zwischen 90 und 140 Storchennester befinden. Nirgendwo sonst in der Rioja sind Gemüseanbau und Weinkultur so eng miteinander verwoben wie hier an der Grenze zur Region Navarra. Eine lange, mindestens 140 Jahre zurückreichende Tradition hat das Einmachen von handgeschälten Spargeln, Paprikas und Artischocken, die in den fruchtbaren Schwemmlandböden des Ebro angebaut werden. Gelten Konserven vielerorts als wenig prestigeträchtig, sind sie hier exklusive Delikatessen, die mit grosser Sorgfalt und hohem Qualitätsanspruch produziert werden, so etwa die Pimientos del Piquillo (rote Peperonis) und die Espárrago Blanco (weisse Spargeln), die von mehreren Manufakturen in Gläser abgefüllt werden.

TIPPS

Das Landstädtchen Alfaro mit seinen rund 10 000 Einwohnern befindet sich fernab der Touristenströme im östlichsten Zipfel der Rioja Oriental.

Hotel-Tipp

Hotel PalaciosAvenida Zaragoza 6, Alfaro
palacioshotel.com
Bequemes, schlicht eingerichtetes  Drei-Sterne-Hotel, fünf Gehminuten vom his-torischen Zentrum entfernt.

Restaurant-Tipp

Morro TangoLas Pozas 18, Alfaro
www.morrotango.com
Ambitioniertes, modern gestyltes Lokal in der Fussgängerzone, welches traditio-nelle Produkte auf zeitgemässe Weise zubereitet.