World of Champagne 2021 • Frau Dr. Spark weiss Rat
Champagner-Ratgeber
Mühe mit der Sprache des Champagners? Fachbegriffe, die Sie gerne erklärt haben wollen? Generelle Fragen zum laszivsten Wein der Welt?
Frau Dr. Spark bleibt keine Antwort schuldig.
Hallo Frau Dr. Spark, Champagner sei der Inbegriff von Eleganz und Finesse lese ich überall. Doch seine Entstehung ist ganz schön gewalttätig! Er wird unter Druck gesetzt, gerüttelt, erwürgt, mit Säbeln geköpft und mit knallenden Korken als Schusswaffe verwendet. Bei der letzten Familienfeier hätte ich beinahe unseren Kanarienvogel erlegt. Von solch mörderischen Dingen sollte man besser die Finger lassen. Mit Rheinwein passiert mir solches nicht! Trudi K. aus W.
Ja, sogar Bismarck soll einen Schlachtensieg nicht mit solchem, sondern mit Schampus gefeiert haben. Und so manches Gemetzel hat in der Champagne Wunden hinterlassen. Doch wir erinnern lieber daran, dass Champagner der Renner bei den Siegesfeiern nach den napoleonischen Kriegen und beim darauffolgenden Wiener Kongress war. Aber mal der Reihe nach: Nach Beigabe von Zucker und Hefen geht in der verschlossenen Flasche die zweite Gärung vonstatten. Dabei entsteht Kohlensäure, die nicht entweichen kann. Der Druck kommt folglich von innen und entsteht gemächlich. «Rütteln» ist eine nicht ganz treffende Übersetzung des französischen «Remuage» (Bewegen). Damit diese Operation Erfolg hat, deren Ziel es ist, den bei der zweiten Gärung entstehenden Hefesatz in den Flaschenhals gleiten zu lassen, damit er später entfernt werden kann, muss sie sehr sanft erfolgen, heute meist computergesteuert mittels mechanischer Giropaletten. «Egorger» heisst effektiv «den Hals abschneiden», dégorger aber «einen Stau auflösen», das heisst, den Flaschenhals vom Hefedepot befreien, damit der Champagner rein, klar und sanft ins Glas plätschern kann. Säbel haben und hatten am Champagnerhals nichts zu suchen, und Ihren Gästen und Haustieren zuliebe halten Sie beim Entkorken einfach die Hand über den Korken und lassen diesen mit einem friedfertigen «Plopp» aus dem Flaschenhals gleiten.
Werte Frau Dr. Spark, nach eingehendem Studium bin ich der festen Überzeugung, dass der Champagnerkonsument übers Ohr gehauen wird. Da wird behauptet, ein Champagner sei trocken (dry, extra dry, sec). Dabei enthält ein so bezeichneter Schaumwein bis zu 32 Gramm Zucker pro Liter! Als moderner Konsument lasse ich mir so etwas einfach nicht länger gefallen! Fritz M. aus B.
Werter Herr M., Sie haben Recht im Unrecht oder so ähnlich. Der englische Ausdruck «extra dry» bedeutet zwar wirklich «extra trocken». Doch die Terminologie stammt aus dem 19. Jahrhundert, als Champagner elend süss war. Vertretern der guten Gesellschaft (die übermässige Pfunde dann regelmässig in feuchtfröhlichen stubenreinen Kuren abbadeten) konnte es nicht süss genug sein: Champagner konnte bis zu 300 Gramm Zucker pro Liter enthalten! Besonders die Russen, grosse Champagnerfreunde, schätzten so hoch dosierte Weine. Nur die Engländer, die es offenbar gewohnt waren, in saure Äpfel zu beissen, wollten trockene Champagner. Verglichen mit den Melasse-Sprudlern wirkte ein mit «nur» 20 bis 30 Gramm Zucker dosierter Wein tatsächlich trocken. Leider ist die Terminologie geblieben und hat es bis in die Weingesetzgebung geschafft. Darum ist Champagner erst als süss etikettiert (doux), wenn er es auf mehr als 50 Gramm Zucker pro Liter bringt. Sec steht für 17 bis 32 Gramm, extra dry für 12 bis 17 Gramm und demi-sec (halbtrocken) für 32 bis 50 Gramm Zucker.
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