Das Gourmet-Interview
Zu Gast bei Bernd Bachofer
Interview: Rudolf Knoll, Fotos: Roland Bauer
Er ist so etwas wie ein Enfant terrible der schwäbischen Küchenszene. Bernd Bachofer wartet in der alten Stauferstadt Waiblingen gern mit fernöstlich angehauchten Gerichten, vor allem mit unterschiedlichsten Sushi-Varianten und Thunfisch-Kreationen, auf. Damit ist er, weil Raffinesse und Qualität eine gute Mischung ergeben, erfolgreich. Aber er träumt auch von einem zweiten Standbein mit regionalen Spezialitäten ...
Was war der Auslöser für Ihre Koch-Karriere?
Zweifellos meine Oma. Sie hatte ein Restaurant in Stuttgart und war hier eine Institution. Ich war schon als Kind oft in ihrer Küche, das war für mich sehr spannend. Meine Mutter meinte zwar, Koch bedeute lange Arbeitszeit und wenig Verdienst. Aber ich habe es dennoch gewagt und in meiner Lehrzeit am Morgen Wild zerlegt und am Nachmittag Kuchen gebacken, also die ganze Bandbreite der Ausbildung erlebt.
Welche Stellen haben Sie besonders geprägt?
Bei Vincent Klink habe ich gelernt, dass man mit Innereien köstlich aufkochen kann. Bei Jörg Müller habe ich mitbekommen, dass beim Kochen auch Betriebswirtschaft wichtig ist und alles verwendet werden soll, was auf den Tisch kommt, bis hin zum Hahnenkamm.
Aber das alles spielt heute in Ihrer Küche keine sonderliche Rolle. Wie kam es zur asiatischen Orientierung?
Ein Auslöser war ein Thailand-Urlaub. Ich war, im positiven Sinn, völlig erschüttert über die dortige gehobene Küche. Ich stellte fest, dass hier großartiges Handwerk betrieben wurde und es an jeder Ecke nur so dampfte. Da war ich schon mal infiziert. Dann habe ich in Japan festgestellt, dass die Leute doppelt so viel Geld für gutes Essen ausgeben wie wir. Um mich ständig fortzubilden, bin ich jedes Jahr mindestens einmal in Asien unterwegs.
War dadurch in Ihrer Selbstständigkeit die schwäbische Küche völlig out?
Aber keineswegs. Bei mir gibt es, vor allem in der Mittagszeit, auch die klassischen regionalen Spezialitäten. Ich beziehe Wild vom Jäger aus der Gegend, Gemüse, Käse. Ich mag es gern süß und lege deshalb viel Wert auf Qualität in der Patisserie.
Lassen Sie sich durch Besuche von schwäbischen Restaurants inspirieren? Oder gehen Sie gelegentlich sogar zu McDonald’s und Co.?
Natürlich, aber es ist nicht immer erfreulich, was hier auf den Tisch kommt. Ich entdecke gute Currywurst, die richtig schmeckt. Und ich werde in einem guten Restaurant mit einem katastrophalen Hummer konfrontiert.
Wie schafft man es, als Koch im Fernsehen präsent zu sein? War der Michelin-Stern dafür ausschlaggebend?
Den ersten Stern habe ich in Fellbach erkocht, das war eher überraschend und eigentlich nicht das Ziel. Aber Fernsehkoch wurde ich vor zehn Jahren vor dem zweiten Stern, weil ein TV-Redakteur zufällig privat Gast in einem meiner Kochkurse war und man wohl gerade auf der Suche nach einem Experten war.
Sie haben während Ihrer Tätigkeit als Küchenchef auch die Hotelfachschule in Heidelberg besucht. Warum eigentlich, war das eine Vorahnung, dass Sie mal zusätzlich Hotelchef werden?
Ich stellte mir damals die Frage: Was kann noch kommen? Ich habe auch mal darüber nachgedacht, ob ich eine Karriere im Ausland anstreben soll, etwa als Chef eines großen Hotels, zum Beispiel in Bangkok. Jetzt gehört ein Boutique-Hotel in Verbindung mit einem Restaurant zum Unternehmen, ich habe einen Catering-Service und eine Kochschule. Langweilig wird mir nicht.
Ist das nicht alles zeitlich sehr anspruchsvoll?
Das ist es. Ich frühstücke nicht, bin täglich schon ab 9 Uhr im Betrieb und nicht selten bis Mitternacht. Unser Personalessen ist stets eine Improvisation. Die Arbeit im Büro ist aufwändig, auch durch die zahlreichen gesetzlichen Regularien. Das alles trug dazu bei, dass ich noch nicht unter die Haube gekommen bin. Mein Job ist nicht tauglich für ein Familienleben.
Aber ein bisschen Privatleben darf doch sein. Was speisen Sie privat, auch Sushi und Ähnliches?
Ich mag einfache Gerichte, die perfekt zubereitet werden, vor allem Maultaschen. Auch Bries, Hirn oder Zunge darf es immer wieder mal sein.
Und wie schaut es beim Wein aus?
Im Restaurant haben wir kein riesiges, aber ein gutes und abwechslungsreiches Angebot mit Schwerpunkt Württemberg. Auch in meinem Privatkeller dominiert das Ländle, aber daneben mag ich ebenso Weine aus Österreich, Spanien und Frankreich. Eine Lieblingssorte ist Weißburgunder mit Schmelz. Bei einem klassischen Riesling, den ich schätze, macht manchmal die Säure etwas Probleme. Bei Rot bin ich ein Fan von Lemberger.
Wie stehen Sie zum Trollinger?
Ein Spitzenwein mit viel Extrakt kann das nicht sein, dafür ist die Sorte nicht geeignet. Aber ich mag ihn leicht gekühlt. So ist er eine wunderbare Alternative zu einem guten Rosé.
Hat edelsüßer Wein für Sie Bedeutung?
Ja, zum Dessert, aber er muss dafür auch Säure haben. Oft werden Beerenauslesen oder Eisweine am Start zur Gänseleber empfohlen, aber wer das macht, ist schon etwas vorbelastet. Grundsätzlich sind Süßweine in der Gastronomie leider schwer verkäuflich.
Bleibt Ihnen überhaupt Zeit für Hobbys?
Sport ist angesagt. Ich schwimme gern und fahre im Winter möglichst oft Ski. Ich war mal ein Fan von Gleitfliegen, aber nachdem ich einmal abgestürzt bin, lasse ich das seitdem lieber.
Haben Sie noch ein Ziel vor Augen oder sind Sie mit dem vielseitigen Unternehmen Bachofer restlos zufrieden?
Ich würde gern noch ein zweites Standbein haben mit regionaler Küche auf hohem Niveau und den ganzen Klassikern bis hin zum Rostbraten und der perfekten Rinderroulade. Die Regionalität spielt bei mir generell eine wichtige Rolle. Ich brauche keine Sojabohnen, die in Japan fermentiert wurden, oder angebrütete Enteneier aus Indonesien.