#weinheimatwürttemberg • Britta Kunkel
Die Frau an der Spitze
Text: Claudia List, Fotos: z.V.g.
Britta Kunkel hat im vergangenen Jahr bei den Weingärtnern in Sternenfels die Geschäftsführung übernommen. Die 39-Jährige leitet nun die Genossenschaft, die von ihrem Großvater vor 70 Jahren mitbegründet wurde.
Britta Kunkel hat schon als Kind bei Familientreffen erlebt, dass Wein ein wichtiges Thema ist. Ihr Großvater, Karl Motzer, war Weinbaumeister und Mitbegründer der Weingärtnergenossenschaft Sternenfels. Ihr Großonkel, Alfred Hofmann, arbeitete als Kellerdirektor in der Württembergischen Weingärtner- Zentralgenossenschaft (WZG) in Möglingen und ihr Vater war leidenschaftlicher Hobbywinzer. «Eine Weinprobe beim Familienfest war bei uns deshalb nichts Besonderes», sagt die 39-Jährige.
Der Großvater war es auch, der ihr den ersten Weinberg geschenkt hat: Er spürte das Interesse seiner Enkelin, übergab ihr ein brachliegendes Stück Land und legte es gemeinsam mit ihr an. Britta Kunkel war damals 16, ein Alter, in dem viele ausgehen und ganz andere Dinge erleben wollen, als im Weinberg zu helfen. «Wer ausgeht, kann auch arbeiten», erklärt sie dazu nur. Und dass sie es gar nicht anders kannte: Der Samstag war und ist in ihrer Familie schon immer der Tag, an dem gearbeitet wird.
In Sternenfels, das zwischen Pforzheim und Heilbronn im Naturpark Stromberg- Heuchelberg liegt, ist sie geboren, aufgewachsen – und hat dort im September 2019 die Verantwortung als Geschäftsführerin der Weingärtner Sternenfels übernommen. Dabei führte sie ihr Berufsweg nicht direkt zum Wein: Nach der Schule lernte sie Arzthelferin, bildete sich zur «Fachwirtin für ambulante medizinische Versorgung» weiter und arbeitete in einer Praxis, bis vor sieben Jahren ihre Zwillinge geboren wurden. Als die Jungs etwas größer waren, kehrte sie in Teilzeit in ihren Beruf zurück. Allerdings hatte sie durch die geänderten Bedingungen in der medizinischen Versorgung das Gefühl, den Patienten nicht mehr gerecht werden zu können. «Das hat mich belastet.»
Zu der Zeit fragte Geza Horvarth, der 35 Jahre lang Geschäftsführer der WG Sternenfels war, ob sie ihn nicht mit der Büroarbeit unterstützen könne. «Ein paar Monate später hat er mir dann seinen Posten angeboten», sagt sie. Kurz zweifelte sie und fragte sich, ob sie der Aufgabe überhaupt gerecht werden könne. «Aber meine Neugier hat überwogen und so habe ich mich entschieden, die Herausforderung anzunehmen», erklärt sie.
Eine Rolle spielt auch, dass sie die Idee der Genossenschaften schätzt: «Was einer alleine nicht schafft, kann man gemeinsam erreichen, wenn jeder seine Stärken einsetzt», sagt sie, «das ist wichtig im Leben und das will ich auch meinen Kindern vorleben.» Dass Idealismus allein aber für die Aufgabe nicht genügt, weiß sie wohl. Ihre Praxiserfahrung nützt ihr im kaufmännischen Bereich und die Arbeit im Weinberg kennt sie schon seit Kindertagen. Außerdem hat sie gelernt, dass man nicht alles vom Fleck weg beherrschen muss: «Wichtig ist es, sich die Leute ins Boot zu holen, die es können.»
Die Teilzeitaufgabe nimmt sie immer stärker in Anspruch – auch wenn die Genossenschaft in Sternenfels zu den kleinsten in Württemberg gehört. Manche Mitglieder waren zu Beginn skeptisch, was Britta Kunkel nachvollziehen konnte. «Mittlerweile spüre ich aber von allen Seiten Unterstützung und Vertrauen.»
Das braucht sie auch, schließlich will sie nicht alles beim Alten lassen. Auf ihre Initiative geht es zurück, dass der Merlot, den eines der Mitglieder neu angepflanzt hat, auch für ein eigenes Produkt der WG Sternenfels verwendet wurde: Die Rosé Cuvée aus Lemberger, Trollinger und Merlot, die «ein idealer Sommerwein mit pfeffrig-cremiger Note ist». Dem Trollinger in der Ein-Liter-Flasche würde sie gerne zu mehr Anerkennung verhelfen und hat dafür ein eigenes Etikett mit dem Titel «Sofawein» gestaltet. Auch für die drei Cuvée-Kreationen der WG hat sie neue Etiketten mit dem Titel «Secret Edition» geschaffen – teils selbst, teils mit Unterstützung von Freunden.
Die hat sie auch von ihrer Mutter: Sie lebt im selben Haus und hilft dabei, dass Britta Kunkel Beruf und Familie gut miteinander vereinbaren kann. Wo’s geht, bezieht sie ihre fast siebenjährigen Zwillinge in die Arbeit ein – wie zum Beispiel im Weinberg, den ihr einst der Großvater geschenkt hat und auf dem nun seine Urenkel mit anpacken.