Das Gourmet-Interview

Besuch bei Matthias Mack

Interview: Rudolf Knoll, Fotos: Roland Bauer

Schon der Inhalt des Brotkorbes mit ungewöhnlich knusprigen Scheiben verleitet fast zum Sattessen. Aber Halt! Es geht köstlich schnörkellos weiter im Landhaus Hohenlohe in Rot am See, wo Matthias Mack seit rund 25 Jahren am Herd steht und nach eigener Aussage – und Einschätzung der Gäste – jeden Abend von Dienstag bis Samstag «exzellentes Handwerk ohne Firlefanz mit regionaler Eigenständigkeit» praktiziert.

Im Eingangsbereich sind Bilder mit Prinz Charles zu sehen, der Ihnen fröhlich lachend die Hand schüttelt. Was hat es damit auf sich?

Das war 2012 bei einem Forum für Nachhaltigkeit auf Schloss Langenburg, wo er Ehrengast war. Der Schlossherr Fürst Hohenlohe-Langenburg ist mit dem englischen Königshaus verwandt. Wir waren den ganzen Tag für das leibliche Wohl verantwortlich. Dafür bedankte sich Prinz Charles am Abend sehr herzlich.

Als 16-Jähriger traten Sie die Kochlehre an. Hatten Sie noch andere Ambitionen?

Sport wäre denkbar gewesen. Ich hatte ein 
Talent für Bälle, spielte gut Tennis und Tisch-
tennis, im Fußball sogar in Auswahlmannschaften. Davon ist ein bisschen was geblieben. Ich kicke noch gelegentlich in der Nationalmannschaft der deutschen Spitzenköche und bei der Weinelf Deutschland. Aber da mein 18 Jahre älterer Bruder sich sehr früh für einen anderen Beruf entschied, war mir Koch und Küchenchef vorbestimmt. Und wer weiß, ob ich im Sport tatsächlich Karriere gemacht hätte.

Gab es in der Ausbildung einen Platz, der Sie besonders geprägt hat?

Das war zweifellos das Jahr bei Vincent Klink, der eine besondere Weise, ans Kochen heranzugehen zelebrierte, gewissermaßen eine intellektuelle Note. Bei ihm war und ist Kochen auch ein Bestandteil der Kultur.

Wie schaut heute der Tagesablauf eines Küchen- und Hotelchefs aus?

Zum Frühstück gibt es nur Kaffee, mehr brauche ich nicht. Ab 8.30 Uhr bin ich im Haus und wühle mich durch die Büroarbeiten. Mittags gibt es eine schnelle Küche, da wird etwas mit den Mitarbeitern gebrutzelt, dann fangen wir mit den Vorbereitungen für das Abendessen an. Weil wir mittags sehr unregelmäßig Gäste hatten, wurden diese Öffnungszeiten gestrichen. Eine Ausnahme sind Veranstaltungen.

Wie kann man Ihre Küche beschreiben?

Ich mag es mitteleuropäisch, nicht exotisch. Wir leben Regionalität mit mediterranen Anklängen. Und wir achten streng auf Qualität. Auch privat ist mein Motto: lieber nur einmal in der Woche Fleisch als fünfmal schlechte, billige Ware.

Was sind die eigenen und wohl auch die Favoriten der Gäste?

Was ich nie von der Karte nehmen dürfte, wäre der Zwiebelrostbraten, den muss es einfach geben. Auch unsere Krautwickerl sind sehr begehrt. Die Gerichte mit Leber werden geschätzt, wenn wir Kutteln auf der Karte haben, gibt es ebenfalls besonderen Beifall. Auch unsere Auswahl an regionalen Tapas kommt exzellent an.

Sehen Sie sich selbst als Feinschmecker?

Aber ja. Ein Koch, der nicht gern isst, kann auch nicht gut kochen. Wichtig ist mir, wenn ich selbst am Tisch sitze, eine gute Unterhaltung – ohne Handynutzung.

Ist das nicht alles zeitlich sehr 
anspruchsvoll?

Das ist es. Ich frühstücke nicht, bin täglich schon ab 9 Uhr im Betrieb und nicht selten bis Mitternacht. Unser Personalessen ist stets 
eine Improvisation. Die Arbeit im Büro ist aufwändig, auch durch die zahlreichen gesetzlichen Regularien. Das alles trug dazu bei, dass ich noch nicht unter die Haube gekommen bin. Mein Job ist nicht tauglich für ein Familienleben.

Kehren Sie gern bei ambitionierten 
Kollegen ein?

Gelegentlich schon, zuletzt war ich wieder mal bei meinem Lehrmeister Klink. Das Problem dabei ist, dass wir sonntags und montags geschlossen haben. Und das ist auch bei vielen Kollegen der Fall.

Kann es passieren, dass man Sie
bei McDonalds oder in einer Döner-
Bude trifft?

Kaum, da müsste ich schon unter einem extremen Hunger leiden. Was ich mir gelegentlich leiste, ist eine gute Pizza, aber am liebsten eine aus der eigenen Küche. Ich habe ein Spezialrezept für den Teig von einem guten Freund aus Padua.

Wie bedeutsam ist Wein für Sie persönlich und im Restaurant?

Mein Prinzip ist, ein schönes Essen ohne Wein, da fehlt etwas. Deshalb haben wir auch 
eine vielseitig orientierte Weinkarte. Württemberg ist mit dem ebenfalls nahen Franken einer der Schwerpunkte. Die Weine hole ich mir meist direkt vom Erzeuger; etliche sind mir auch persönlich bekannt.

Was halten Sie von der Entwicklung beim Wein in den letzten Jahren?

Mein Eindruck ist, dass es kaum mehr schlechten Wein gibt. Dazu haben wohl die bessere Ausbildung der Winzer, aber auch der Klimawandel beigetragen, ebenso die Ansprüche der Konsumenten und natürlich die von Gastronomen und Sommeliers, die mäßige Qualität kaum verzeihen.

Haben Sie persönliche Weinvorlieben?

Ich trinke mehr Weißwein, und alles trocken ausgebaut. Vor allem schätze ich Riesling, Grauburgunder sowie bei Rot Lemberger und Spätburgunder. Auch ein junger, frischer Müller-Thurgau kann nicht verkehrt sein. Ich bin durchaus offen für unkomplizierte Weine.

Gehört dazu auch der Trollinger?

Gut gekühlt im Sommer auf der Terrasse macht 
er schon Spaß. Aber ich vergleiche ihn nicht mit klassischen Rotweinsorten, sondern mag 
ihn eher in der weißgekelterten Variante als Blanc de Noir.

Wenn man sich im Netz durch die Kommentare von Gästen klickt, sind viele Komplimente zu lesen, etwa «tolles Essen, super Frühstück», «Alles super, komm gerne wieder», «Das Essen hat Sterne-Niveau». Sie sind zwar in diversen Führern positiv erwähnt, aber nicht mit hohen Noten, etwa mit einem Michelin-Stern. Haben Sie nicht manchmal das Gefühl, dass Sie höher hinaufmüssten?

Ich bin durchaus zufrieden mit dem Erreich-
ten. Der Michelin führt uns als Bib Gourmand für gute, preiswerte Küche auf, auch beim Feinschmecker, im Aral Schlemmer Atlas und bei Gusto werde ich genannt. Nicht immer werde ich gelitten. So habe ich mal einem Mitarbeiter einer Gourmet-Bibel Haus-
verbot erteilt. Aber viel wichtiger als die Bewertungen sind mir zufriedene Gäste, die gern 
wiederkommen und sich schriftlich für die 
Bewirtung bedanken. Wir haben schon Hoch-
zeitsgesellschaften versorgt und die Brautpaare wurden über einen langen Zeitraum zu Stammgästen.

Gibt es noch eine besondere Freude an Ihrem Beruf?

Ich habe viel Freude mit meinem sehr gut eingespielten Team, das manchmal auch schwierige Catering-Termine bewältigen muss. 
Wir sind eine eingeschworene Truppe, wie eine Familie. So etwas ist für mich ein zusätzlicher Ansporn.