Dossier Önotourismus
Urbane Städte und Weingüter
Foto: Regis Colombo
Lausanne
Die Hauptstadt des Weins
Als Teil des internationalen Netzwerks der Great Wine Capitals ist Lausanne auch der grösste öffentliche Eigentümer von Weingütern. Um die weintouristischen Vorzüge der Olympiastadt vorzustellen, wandten wir uns an die Stadträtin Natacha Litzistorf, die für das Amt für Parks und Ländereien von Lausanne zuständig ist.
Während der Hauptort des Kantons Waadt für sein dynamisches Nachtleben und die regelmässig von der Olympiastadt ausgerichteten Veranstaltungen bekannt ist, weiss man weniger, dass diese Stadt am Genfersee einen sehr wichtigen Akteur im Wein- und Agrarsektor darstellt. Um einige Zahlen zu nennen: Lausanne verfügt über 1900 Hektar Wald, 900 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche und 33 Hektar Weinberge. Die Stadt ist insbesondere Eigentümerin der Alp Les Amburnex, die mehr als 10 Tonnen des berühmten Gruyère d’Alpage AOC produziert und organisiert die älteste Weinauktion Europas. «Wenn wir über die Attraktivität einer Stadt sprechen, beschränken wir uns oft auf den tertiären Sektor, während sich Lausanne auch durch ein aussergewöhnliches landwirtschaftliches und weinbauliches Erbe auszeichnet», erklärt Natacha Litzistorf. Weiterhin weist sie darauf hin, dass es wichtig ist, eine starke Verbindung zum Land aufrechtzuerhalten, auch wenn die Einwohner der Gemeinde heute hauptsächlich Städter sind. «Nur wenige Menschen wissen, dass Lausanne eine Alp, mehrere Hektar in der Appellation Dézaley oder etwa 40 Restaurants besitzt. In Bezug auf das Stadtmarketing sind dies Trümpfe, die bisher wenig Beachtung gefunden haben. Wir müssen bekräftigen, dass wir stolz auf dieses kulturelle Erbe sind, das wir besser fördern sollten», fährt die Stadträtin fort, die stark auf den Beitritt Lausannes in dem ausgewählten Kreis der Great Wine Capitals setzt. Dieses Netzwerk vereint zehn bedeutende Grossstädte der Nord- und der Südhalbkugel, um Stadt und Land zu verbinden. «Die Wahl, die Schweiz zu vertreten, erfüllt uns nicht nur mit Stolz, sondern stellt auch eine Verantwortung dar», schliesst die Leiterin des Amts für Wohnungswesen, Umwelt und Architektur. In einem für den Schweizer Weinbau schwierigen Umfeld ist es unerlässlich, sich zusammenzuschliessen, um die politischen Kämpfe zu führen, die für diese Branche unabdingbar sind.»
Weintouristische Empfehlungen
von Natacha Litzistorf
Brasserie de Montbenon
Diese Brasserie befindet sich im Herzen von Lausanne im Casino de Montbenon – einem Veranstaltungszentrum in dem trotz seines Namens noch nie Glücksspiele stattgefunden haben – und ist eines der vielen Restaurants der Gemeinde. «Sie bietet einen bemerkenswerten Blick auf die Genferseeregion mit den Weinbergen. Hier verbinden sich erstklassige Produkte und herausragende Architektur.»
www.brasseriedemontbenon.ch
Auberge du Chalet des Enfants
In den Wäldern des Jorat empfängt dieser Bauerngasthof die Lausanner, die zu ihren bäuerlichen Wurzeln zurückkehren möchten. «Romano Hasenauer setzt sich mit Leidenschaft für alle lokalen Produkte einschliesslich Weine ein. Der Ort bietet auch für Besucher die Gelegenheit, Naturgebiete wie die Wälder zu entdecken, die ebenfalls ein integraler Bestandteil der Stadt Lausanne und des Erbes vorangegangener Generationen sind.»
www.chaletdesenfants.ch
Auberge de Beaulieu
«Wir haben diese im Herzen der Stadt gelegene Einrichtung renoviert», erklärt Natacha Litzistorf. Besonders angenehm ist die Terrasse mit ihrem Kies, ihren Bäumen, die bei Sonne willkommenen Schatten spenden, und ihren bunten Bänken.» Unweit vom Museum für Art Brut bietet die Speisekarte eine Mischung aus lokalen Produkten und und Spezialitäten anderer Regionen.
www.aubergedebeaulieu.ch
Payerne
Tausendjähriges Erbe
Im Norden des Kantons Waadt entwickelte sich Payerne rund um die vor mehr als tausend Jahren von Kaiserin Adelaide gegründete Abteikirche. 2020 wird dieses Gebäude, das als ein Juwel der romanischen Kunst gilt, nach dreizehn Jahren Renovierung wiedereröffnet. Diese Auferstehung fällt mit der Renaissance der Weine der Gemeinde zusammen.
«Die Gemeinde Payerne besitzt derzeit 13 Hektar Rebfläche im Lavaux», erklärt André Jomini, der für Infrastruktur und Grundvermögen zuständig ist. Die Entwicklung des Weinbergs von Payerne begann 1545, als die Stadt die Domaine de la Tour Bertholod erwarb, die mit 3,5 Hektar herrlich im Produktionsgebiet Lutry liegt. In den folgenden 60 Jahren vervielfachte die Stadt im Norden des Kantons ihre Grundstückskäufe zwischen Lausanne und Montreux und erwarb insbesondere das Château de Montagny in Villette. Im Laufe der Jahrhunderte schrumpfte das weinbauliche Erbe von Payerne allmählich wieder und erreichte 1804 seine heutige Grösse. Für die Vinifikation der AOC Lavaux verfügt Payerne über ein eigenes Weingut. Im Jahr 2020 gab dieses seinen Namen Les Propriétés de la Ville de Payerne auf. Diese Namensänderung stellt nicht nur eine Anspielung auf die Wiederherstellung des berühmtesten Gebäudes der Stadt dar, sondern dient auch dem Marketing. «Es ist schwierig, die Weine einer Gemeinde ausserhalb ihres Territoriums zu verkaufen», sagt André Jomini, der versichert, dass der Weinberg nicht nur ein zu erhaltendes Erbe, sondern auch ein Trumpf ist. «Deshalb dachten wir, dass Cave l‘Abbatiale ein vielversprechenderer Name wäre und besser zu unseren kommerziellen Ambitionen passen würde». Diese Metamorphose fällt mit der Ankunft von Gilles Musy, einem neuem Önologen aus dem nahe gelegenen Vully, im Frühjahr 2019 zusammen. Ein Beweis für das Talent dieses Profis, der für die Kellereien, in denen er gearbeitet hat, bereits mehrere Titel holte: Zwei der Flaggschiff-Weissweine des Weingutes – La Tour Bertholod 2019 und Château de Montagny 2019 – platzierten sich unter den besten Weinen der Ausgabe 2020 des Mondial du Chasselas, das im Juli im Château d‘Aigle stattfand.
Weintouristische Empfehlung
von André Jomini
Le K’VO
Der Verkaufs- und Degustationsraum der kommunalen Kellerei ist ein idealer Ort für die Verkostung eines Treize-Vents oder eines Mousseux de la Reine. Man kann eine Führung buchen, aber Le K’VO ist auch jeden Freitagabend geöffnet. In den Sommermonaten sind vor allem die Terrassentische bei Stammgästen ebenso wie bei Gästen eines Abends besonders beliebt.
www.cavelabbatiale.ch
Café de la Reine Berthe
«Dieses Restaurant ist eine authentische Einrichtung in Payerne, die klassische Gerichte aus der Region serviert», erklärt André Jomini. «So steht jeden Donnerstag die Rinderzunge mit Kapernsauce im Rampenlicht, und alle Plätze sind besetzt.» Bitte beachten Sie, dass das Café – das über eine schöne blumengeschmückte Terrasse verfügt – an Wochenenden und Feiertagen geschlossen ist.
www.cafereineberthe.ch
Hotel La Suite
Im Herzen der Stadt ist dieses Hotel die Top-Adresse für Besucher, die den Charme der Region entdecken möchten. Eine Sommerterrasse, ein Café, ein Restaurant «mit klassischen Gerichten aus guten lokalen Produkten und Weinen aus der kommunalen Kellerei», ein Rauchersalon, ein Kinderbereich ... Hier ist alles vorhanden, um einen angenehmen Aufenthalt zu verbringen.
www.la-suite.ch
Morges
Im Zentrum einer schönen Dynamik
Am östlichen Ende von La Côte, der grössten Wein-Appellation der Schweiz, hat sich Morges zu einem renommierten Weinort entwickelt. Die Domaine de la Ville, die sich seit 1547 im Besitz der Gemeinde befindet, hat 2015 von sich reden gemacht, als dieses 13 Hektar grosse Weingut im Abstand von wenigen Monaten beim Mondial du Chasselas und mit dem Titel «Schweizer Keller des Jahres» ausgezeichnet wurde.
Der Überlieferung zufolge gab es in Morges bereits 1296 Reben und somit etwa 10 Jahre nach dem Bau des Schlosses am Seeufer. Aus den Archiven geht hervor, dass die Gemeinde zweieinhalb Jahrhunderte später ein Anwesen erwarb, das auch heute noch in öffentlicher Hand ist. Die Stadtverwaltung ist «stolz auf die Entwicklung des Weinguts von Morges», das seine Fähigkeit unter Beweis gestellt hat, Umweltschutz und Verständnis des Marktes zu verbinden. Die Domaine de la Ville de Morges ist auf Bio umgestiegen, hat eine Reihe von Naturweinen auf den Markt gebracht, Marken wie Le Protagoniste und La Grand’Rue geschaffen, die weit über die regionalen Grenzen hinaus bekannt sind, bei Wettbewerben Preise gewonnen und sogar höchste Titel bei dem Mondial du Chasselas und dem Grand Prix du Vin Suisse errungen haben. In nur wenigen Jahren ist die Domaine de la Ville de Morges zu einer der herausragenden Kellereien einer rasch expandierenden Produktionsstätte geworden. Morges mit dem Spitznamen «la coquette» («die Hübsche») hat sich in den letzten Jahrzehnten als eine Top-Destination für Weinliebhaber positioniert.
Fast ein Vierteljahrhundert lang fand in den SBB Hallen jedes Frühjahr die unumgängliche Weinmesse Arvinis statt. Als der Charme dieser Lagerhäuser aufgrund der Entwicklung des Bahnhofsviertels weichen musste, haben die Winzer der Region kurzerhand Divinum ins Leben gerufen. Eine weitere Messe, ein weiterer Erfolg! Dazu Mélanie Wyss, Stadträtin für Finanzen und Wirtschaftsförderung, ein breites Amt, das auch das Weingut der Gemeinde einschliesst: «Morges verfügt über viele sehr gute Weinbars. Das gleiche gilt für die Restaurants. Der Weinliebhaber, der die Grand-Rue entlang schlendert, hat wirklich die Qual der Wahl, doch er braucht sich nur von dem Zauber des Augenblicks leiten zu lassen.»
Weintouristische Empfehlungen
von Mélanie Wyss
Touristenbähnchen
Diese kleine Bimmelbahn bietet eine Rundfahrt entlang der Seeufer und durch die Altstadt an. «Hier gibt es viele kleine Läden, die erstklassige Produkte für Geniesser anbieten», sagt Mélanie Wyss. Weiterhin weist sie auf die Vielfalt der Geschäfte an der Hauptstrasse hin. Das ermöglicht auch Besuchern mit begrenztem Budget sich etwas Gutes zu gönnen.
www.morges-tourisme.ch
Weintouristischer Spaziergang Morges Region
Die zwei vorgeschlagenen Strecken, die in der App Vaud:Guide verfügbar sind, laden zur Entdeckung der Weinberge dieser wichtigen Produktionsstätte ein. Beide Routen (1,5 Kilometer in der Stadt oder 5 Kilometer in den Weinbergen) beinhalten interaktive Challenges, die es Ihnen ermöglichen, die Betriebe und Spezialitäten von Morges und Umgebung zu entdecken.
www.morges-tourisme.ch
Moulin de Sévery
Diese Mühle liegt nicht in Morges, sondern am Lauf des durch die Stadt fliessenden Flusses Morges. Sie betreibt das ganze Jahr über eine handwerkliche Tätigkeit, die in der Schweiz einzigartig ist. Die kaltgepressten Raps-, Pistazien-, Walnuss- und Haselnussöle sind ein Genuss für Kenner und Besucher (die sich einen Tag im Voraus anmelden müssen).
www.moulindesevery.ch
Aigle
Radsport und Kulturerbe
Das Château d'Aigle beherbergt ein Weinmuseum und stellt wie das umliegende Meer von Reben eines der Wahrzeichen des Schweizer Weinbaus dar. Obwohl ein grosser Teil der geernteten Trauben im Aigle les Murailles zu finden ist, produziert die Gemeinde drei Weine, darunter einen Premier Grand Cru, den Clos Maijoz, der regelmässig bei Wettbewerben ausgezeichnet wird.
Gregory Devaud, der seit 2016 für den Weinberg der Gemeinde zuständig ist, bestätigt, dass «die Weinrebe schon immer zum Erbe von Aigle gehörte. Heute verfügt Aigle über eine etwas mehr als acht Hektar grosse Rebfläche, die von sieben Arbeitern bewirtschaftet wird. Der grösste Teil befindet sich in der Gemeinde Aigle, aber es gibt auch eine Parzelle in unserer Nachbargemeinde Yvorne. Die Gemeinde ist für die Produktion der Trauben bis zu ihrer Pressung in unserer Kellerei gegenüber dem Schulgebäude verantwortlich. Dann geht der weisse Most an das Haus Badoux und der rote an die Association vinicole d’Aigle.» Diese beiden Hauptakteure der Region vinifizieren auch die drei Cuvées (ein Bio-Chasselas soll 2021 hinzukommen) der Gemeinde. «Der Rotwein ist eine geschmeidige und süffige Mischung aus Pinot Noir und Gamay. Der Commune d’Aigle ist ein sehr beliebter Chasselas-Aperitifwein. Was den Clos Maijoz betrifft, so handelt es sich um einen Premier Grand Cru, der zu den Mahlzeiten serviert oder als Geschenk offeriert wird.» Diese Weine kann man bei der Gemeinde kaufen und sie werden auch in den drei kommunalen Einrichtungen ausgeschenkt. Sie gehören einer Gemeinde, die sich der Bedeutung ihrer Weinberge bewusst ist. «Die Gemeinde hat als Motto gewählt: Aigle, Radsport und Kulturerbe.» Da sich hier der Sitz des Internationalen Radsportverbands befindet, scheint die Ausrichtung auf den Radsport naheliegend. Für das Kulturerbe ist es im Wesentlichen das Weinerbe, das mit dem Château d’Aigle verkörpert wird, aber auch bei Veranstaltungen wie dem Mondial du Chasselas oder dem Concours Mondial de Bruxelles, einem internationalen Wettbewerb mit wechselnden Austragungsorten. Hierzu gehörte 2019 der Ring des Internationalen Radsportzentrums, «ein für die Öffentlichkeit zugänglicher Ort, den man gesehen haben muss», so Grégory Devaud abschliessend.
Weintouristische Empfehlungen
von Grégory Devaud
Le 118
«Zusammen mit der Pinte Communale und der Pinte du Paradis ist dies eine der drei Einrichtungen, die zur Gemeinde gehören», erklärt Grégory Devaud. Diese ehemalige Feuerwache im Herzen der Stadt wurde in eine moderne Weinbar umgewandelt, in der Sie beim Käse- oder Fleischfondue eine grosse Auswahl aus der hiesigen oder anderen Region(en) probieren können.
www.aigle118.ch
E-Bike-Touren
Entdeckungsreise per Fahrrad durch eines der schönsten Schweizer Weinbaugebiete mit seiner Lage am Berghang: Das ist ein Muss in dem bedeutenden Radsportort Aigle. Angesichts der Steilheit bestimmter Hänge und der Intensität der Sonneneinstrahlung sind die Fahrräder – die von der Badouxthèque, dem «Hot Spot des Weintourismus» an der Autobahnausfahrt, starten – elektrisch betrieben.
www.badouxtheque.ch
Cave Alain Emery
Dieses von den Brüdern Marc und Alain Emery geleitete Familienweingut hat eine bedeutende weintouristische Aktivität entwickelt. Gästezimmer, halbtägige Workshops oder Helikopterflug über den Gletscher sind nur einige der Angebote der beiden. Im Sommer ist Cav’au Verre eine kostenlose 1½-stündige Veranstaltung, die von Einheimischen und Besuchern sehr geschätzt wird.
www.caveemery.ch