Zahlen und Fakten
Oltrepò Pavese im Fokus
Das Oltrepò Pavese liegt auf der Achse des 45. Breitengrades, auf dem fast alle der grossen Weinanbaugebiete der Welt liegen. Passenderweise hat das Oltrepò Pavese – von oben betrachtet – die Form einer Traube: Im Norden ist der breite Oberteil, der sich nach Süden hin verschmälert. Entlang des Stiels der gedachten Traube erstrecken sich die vier bedeutenden Täler des Oltrepò in Süd-Nord-Richtung: Valle Staffora, Valle Coppa, Valle Scuropasso und Valle Versa. Sie verbinden auch das mediterrane Klima Liguriens mit dem kontinentaleren der Pianura Padana.
Wird in der Ebene vor allem klassische Landwirtschaft betrieben, so sind die Hügellagen zu einem bedeutenden Teil in den Händen der Reben: Zahlreiche autochthone und internationale Rebsorten gedeihen hier in den höchsten Lagen auf jenseits von 700 Metern, von Croatina über Pinot Nero bis zu Riesling.
13500 Hektar Weinberge werden hier von rund 1300 Weinbaubetrieben der Produktionskette kultiviert. Das entspräche einer Fläche von 18900 Fussballfeldern. Noch eine Kuriosität: Wenn man die 54 Millionen Pflanzen des Oltrepò in einem Abstand von einem Meter aufreihen würde, könnte man 1,3-mal die Erde umrunden.
Diese ausgedehnte Fläche, die mit Reben bestockt ist, macht das Oltrepò Pavese zur viertgrössten italienischen Ursprungsbezeichnung. In diesem Meer von Reben findet man zahlreiche Sorten: 3500 Hektar sind allein mit Pinot Nero bepflanzt, das grösste Anbaugebiet dieser Varietät italienweit. Dazu gesellen sich Riesling (Welsch- und Rheinriesling), mit 1400Hektar Fläche die grösste Ausdehnung dieser Rebsorte italienweit, von grosser Bedeutung sind auch noch Croatina und Barbera (die Basis des Bonarda, des klassischen Rotweines des Anbaugebietes), aber auch Moscato, Malvasia und noch viele andere interessante Varietäten.
Die Geschichte
Dabei hat der Weinbau im Oltrepò Pavese eine lange Geschichte: In der Nähe von Casteggio wurde eine versteinerte Caràsa, eine Weinrebe von 25 Zentimetern Länge und sechs Zentimetern Durchmesser, aus prähistorischer Zeit gefunden. Das ehemalige Clastidium – Casteggio – ging später auch als Schauplatz einer der vielen Schlachten zwischen Hannibal und dem römischen Heer in die Geschichte ein.
«Guter Wein, gastfreundliche Menschen und sehr grosse Holzfässer», beschrieb dann im Jahr 40 v. Chr. der griechische Historiker Strabon das Gebiet. Strabon weiter: «Von der Güte der Orte zeugen die Dichte der Bevölkerung und die Grösse der Städte und der Reichtum... Das kultivierte Land gibt viele und vielfältige Produkte... der Reichtum an Wein wird durch die Fässer aus Holz und grösser als die Häuser angezeigt...»
An wichtigen Handels- und Pilgerrouten zwischen Nord und Süd blieb der Weinbau auch in den folgenden Jahrhunderten bestimmend. An die Bedeutung der Via Francigena zum Beispiel erinnern bis heute zahlreiche Ruinen von Burgen im Oltrepò Pavese. Im 16.Jahrhundert beschrieb Andrea Bacci die Weine dieser Gegend mit dem Begriff «eccellentissimi».Daran hat sich bis heute nichts geändert: Die Hügellagen des Oltrepò erlauben es der Rebe, die Sonnenstrahlen optimal zu nutzen, um im Inneren der Beeren all jene Aromen und Düfte zu destillieren, die dann auf den Wein übertragen werden. Und das ganze Oltrepò ist ein Hügel: Seine Böden wurden im Känozoikum geformt und bestehen aus kalksteinreichem Land mit einem guten Gehalt an Phosphorsäureanhydrid und Kalium, dazu kommen noch Mergel- und Tonschiefer. Idealer Untergrund für eine breite Vielfalt an Weinen und vor allem für eine der edelsten Sorten der Welt, die schon froh hier Fuss fasste: Pinot Nero.
Pinot Nero – Herrscher in den Rebbergen
Erstmalig erwähnt wird Pinot Nero um das Jahr 1500, um 1800 pflanzte man verschiedene französische Klone bei Rocca de’ Giorgi an. Vor allem als Basis für Schaumweine, die rund um die Welt für Furore sorgten. Auch die kontrollierten Ursprungsbezeichnungen der Anbauzone fokussierten auf den Pinot Nero: 1970 mit der Schaffung der DOC Oltrepò Pavese, im Jahre 2007 mit der DOCG Oltrepò Pavese Metodo Classico und 2010 mit der DOC Pinot Nero dell’Oltrepò Pavese, letztere dem stillen Rotwein vorbehalten.
Die Geburt der DOCG Oltrepò Pavese Metodo Classico sah den Schaumwein in Rosé als wichtigstes Aushängeschild des Anbaugebietes. Die sanfte Pressung der Blauburgundertrauben sorgt für einen hellroten Most. Dem hat das Consorzio mit der Kreation einer eigenständigen Marke Rechnung getragen: Cruasé. Der Name kombiniert die Bezeichnungen Cru und Rosé und ist Metodo Classico Rosé aus Pinot Nero vorbehalten. Produziert wird er in den Typologien Brut, Extra Brut und Brut Nature, und er bleibt für mindestens 18 Monate auf den Hefen; er kann ein ganzes Mahl begleiten, passt zu Fingerfood oder ist ein hervorragender Aperitif. Die Produktion eines lagerungsfähigen Pinot-Nero-Rotweines, wie ihn einige Kellereien bereits seit den 1950er Jahren keltern, ist ebenfalls ein schwieriges Unterfangen: Nur wenn alle Zutaten passen, kann es gelingen. Doch das ist eine besondere Herausforderung für die Winzer des Oltrepò Pavese.