Interview mit Christoph Krutzler
Burgenländischer Charakterkopf
Text: Andrea Heinzinger / Foto: Christian Anwander
Er ist ein gefragter Darsteller und seit Anfang April kennen ihn auch die Netflix-Zuschauer. Denn jetzt spielt Christoph Krutzler in der Serie «Crooks» an der Seite von Frederik Lau den Joseph. Parallel dazu hat er Theaterengagements und jede Menge Ideen. Den nötigen Abstand zu diesem Tagesgeschäft findet er in seinem südburgenländischen Weinberg.
Christoph Krutzler, Sie spielen eine der Hauptrollen in der neuen Netflix-Produktion «Crooks». Sind Sie überrascht, dass die Serie in kürzester Zeit ganz oben auf der Netflix-Top-Ten-Liste landete?
Erfolg lässt sich schlecht planen, und gerade bei solchen Serien kann man das nicht vorhersagen. Aber ich sag immer, ich erwarte erst mal nichts, dann ist die Überraschung umso grösser.
Sie verkörpern Joseph, ein so grossherziges wie brutales Original aus dem Wiener Milieu, der entgegen dem Rat, «ins Exil ins Burgenland zu gehen und den Kopf unten zu halten», dann doch mitten im Geschehen landet und in Berlin auf Charly (gespielt von Frederik Lau) trifft. Was folgt, ist eine temporeiche Gangsterstory mit allem, was dazugehört. Traumrolle oder Herausforderung?
Jede Rolle ist für sich eine Herausforderung, ganz besonders dann, wenn sie eine Traumrolle ist. Im Grunde ist «Crooks» ein klassisches Königsdrama, die Rolle des Joseph entsprechend vielschichtig. Er ist loyal, misstrauisch, hart, aber auch weich.
«Ich kann Land eindeutig besser als Stadt.»
Sie sind aber ja nicht nur Filmschauspieler, Sie stehen auch auf Österreichs besten Bühnen. Wie schwer ist es, zwischen den beiden Welten hin- und herzuspringen?
Das sind im Grunde zwei verschiedene Berufe, man kann sich das in etwa so vorstellen wie den Unterschied zwischen Tischler und Zimmermann. Das Handwerkszeug ist ein anderes. Dazu kommt, dass beim Film zunächst das Publikum fehlt. Wenn ich auf der Bühne stehe, habe ich direkte Reaktionen, das ist vor der Kamera anders.
Gibt es Rollen, die Sie besonders faszinieren?
Spannend wird es, wenn es so richtig «menschelt». Die Vielschichtigkeit macht es aus, denn wo Lachen ist, da ist auch Weinen.
In «Crooks» geht die wilde Jagd durch halb Europa, Sie selbst kommen aus dem Burgenland, leben heute in Wien. Wo fühlen Sie sich verwurzelt?
Ich kann Land eindeutig besser als Stadt. Ich bin ja im Südburgenland aufgewachsen, da fühle ich mich bis heute heimisch.
Was macht Christoph Krutzler, wenn er nicht auf der Bühne oder vor der Kamera steht?
Meine Frau und ich gehen sehr gerne segeln. Du bist auf dem Wasser und gleich ganz weit weg von allem. Aber zugegeben, es fällt mir ziemlich schwer, nichts zu machen und einfach nur so dazusitzen.
Weniger bekannt ist, dass Sie, wenn Sie nicht auf der Bühne stehen, einen eigenen Obst- und Weinberg bewirtschaften. Wie kam es dazu?
Als ich am Volkstheater gespielt habe, war ich irgendwann stark überarbeitet und auch gesundheitlich angeschlagen. Ich brauchte dringend eine Pause und fuhr ins Burgenland. Ich habe dort einem Freund meines Vaters beim Schneiden der Apfelbäume geholfen, und da ist meine Liebe zu Apfelbäumen entstanden. Inzwischen mache ich schon seit vielen Jahren Apfelsaft aus den grossartigen alten, hocharomatischen Sorten, die hier rund um die Bauernhöfe noch stehen. Und vor gut fünf Jahren habe ich dann auch angefangen, Wein zu machen.
Ihr Heimatort Kermeten und die Apfelbäume haben es sogar in «Crooks» geschafft...
Ja, einige Szenen haben wir tatsächlich dort vor Ort gedreht. Und sogar mein Apfelsaft hat einen Auftritt in einer der Folgen.
Sie machen aber dort nicht nur ihren legendären Apfelsaft, sondern auch Wein.
Ja, dort stehen rund ums Haus alte Rebstöcke, und vor gut fünf Jahren habe ich dann angefangen, meinen eigenen Wein daraus zu machen. Inzwischen klappt das auch ganz gut, denn ehrlich gesagt: Einen wirklich guten Apfelsaft zu machen, der nicht «0815» ist, ist schwieriger als Wein zu keltern. (lacht)
«Für mich muss ein Wein ehrlich und authentisch sein, markant, mineralisch und mit feiner Säure.»
Was für eine Rebsorte bauen Sie an?
Mein Wein ist der Uhudler, die alte südburgenländische Spezialität. Er wird aus sog. «Indianerreben», wie man die Direktträgersorten hier nennt, gemacht, die wachsen hier vereinzelt noch in den Gärten. Die meisten Weinbauern, die heute noch Uhudler machen, nehmen einen gemischten Satz. Ich aber verwende reinsortig Ripatella und schaue auch, dass ich sie sowohl im Weinberg als auch im Keller wie eine «Edelsorte» behandle. Ich habe da viel experimentiert in den letzten Jahren, aber jetzt habe ich das Gefühl, dass es passt. Derzeit mache ich meinem Wein noch im Keller eines befreundeten Winzers. Aber irgendwann kommt dann auch mein richtiger eigener Keller – am liebsten mit einem kleinen Bauernhaus darüber, um dann wirklich ein Refugium hier zu haben, und damit einen Ausgleich zu Arbeit und Stadt.
Welche Weine mögen Sie?
Für mich muss ein Wein ehrlich und authentisch sein, markant, mineralisch und mit feiner Säure. Ich mag unsere österreichischen Weissweine sehr gerne, vor allem Weiss- und Grauburgunder, Chardonnay. Ganz entscheidend ist für mich auch immer das Umfeld. Ich finde ja, da, wo der Wein wächst, sollte man ihn auch konsumieren, da schmeckt er am besten. In letzter Zeit habe ich aber auch die Weine von der Mosel und vom Rhein für mich entdeckt, nicht zuletzt deshalb, weil sie vergleichsweise leicht sind.
Sie haben mal gesagt: «Ein Wirtshaus muss so sein wie ich, urig und gemütlich.» Wo geht Christoph Krutzler aus?
Wir wohnen in Wien im 16. Bezirk (Anm.: Ottakring). Da sind die klassischen Heurigen zuhause, und genauso muss ein Wirtshaus für mich sein. So wie zum Beispiel der «Herrgott Aus Sta» oder auch die «10er Marie».
Fluchtachterl oder Pfiff? Wie klingt ein gelungener Abend für Sie aus?
Auf alle Fälle Fluchtachterl! Mit einem Achterl lässt sich besser flüchten. Abgesehen davon finde ich, dass ein Pfiff keine sinnvolle Menge Bier ist. Meine Eltern hatten ein Gasthaus im Burgenland, wo ich früher auch oft gearbeitet habe. Aber ich habe mich immer geweigert, einen Pfiff zu zapfen…