Aufgemotzte Omaküch'n • Dossier Österreich 2023

Interview mit Eva Maria Marold

Text: Eva Maria Dülligen; Foto: Moritz Schell

Alles, was deftig ist, kommt bei dem Multitalent aufs Porzellan. Für Austern und Kaviar ist sie weniger zu haben. Auch bei den Weinen bleibt die Burgenländerin gern bodenständig. Dass sie trotz ihres Erfolgs selbst die Bodenhaftung nie verloren hat, wurde beim Interview in Wien schnell klar. Eva Maria Marold ist a fesche Katz mit viel Verstand.


Frau Marold, als Kind aus Eisenstadt, mitten im Weinbaugebiet Leithaberg, sind Sie sozusagen in den Wein hineingeboren. Hat Sie das geprägt?

Freilich. Meine Oma hatte drei Weingärten. Ich habe als Kind schon bei der Weinlese mitgeholfen. Später, als ich dann schon a bissl älter war, hat mich «Das Fest der 1000 Weine» die Eisenstädter Weinkost fasziniert. Das war ein riesiges Fest im Park vom Schloss Esterházy. Dort haben Winzer aus dem ganzen Burgenland ihre Weine zur Verkostung angeboten. Man hat ein Sechzehntel-Glaserl bekommen, und dann ging es von Bude zu Bude – vom Neuburger zum Blaufränkisch. Und es gab allerhand regionale Schmankerl zu essen. Das war als Teenager eine Nonstop-Party.

Das war, wie Sie sagen, ein vinophiles Volksfest. Mit Riesenkarussell und Schiffsschaukel. Und nicht, wie angedacht, eine Weinfachmesse. Konnten Sie was Ernsthaftes in Sachen Wein von dort mitnehmen?

Meinen Freunden und mir ging es in dem Alter ja mehr um die Gaudi als ums Verkosten. Aber wir konnten uns damals mit den diversen Rebsorten vertraut machen. Mein Papa ist ein grosser Weinliebhaber. Von ihm habe ich meine Affinität zu gutem Wein geerbt.

Nach der Matura sind Sie 1986 zum Dolmetsch-Studium an die Universität Wien. Sie sind aber nach einigen Jahren ans Musikkonservatorium der Stadt Wien gewechselt. Das heisst, Sie leben seit 1986 in Wien. Fehlt Ihnen die Beschaulichkeit ihrer Heimat manchmal?

Ich bin ja nicht aus der Welt. Eisenstadt ist rund 55 Kilometer von Wien entfernt. Um Dolmetsch zu studieren und etwas später meinen Traum – Sängerin und Schauspielerin zu werden – zu verwirklichen, musste ich nach Wien gehen. Je älter ich werde, desto mehr spüre ich meine Wurzeln. Ins Burgenland zu fahren, heisst für mich nach Hause kommen.

Was ist Ihnen kulinarisch vom Burgenland im Gedächtnis geblieben?

Die Kochkunst meiner Grossmutter. Sie hatte einen grossen Gemüse- und Obstgarten. Meine Oma hat alles selbst zubereitet. Sogar die Nudeln. Ich habe es geliebt, wenn sie den dünn ausgewalzten Teig mit ruhiger Hand durch die Nudelmaschine hat laufen lassen. Und wenn wir zu viele Nudeln gemacht hatten, dann haben wir geschmolzene Butter, Mohn und Staubzucker darüber gestreut.

Gibt es sonst noch süsse Kindheitserinnerungen aus Omas Küche?

Die «Bsouffani Liesl». Das ist ein Vanille-Gugelhupf, der mit ordentlich viel Weisswein übergossen wird und den ich als Kind leider nie kosten durfte.

Wie kompensieren Sie Ihre burgenländische Genuss-Sozialisation in Wien?

Ich gehe ins «Gasthaus Wolf» im 4. Bezirk. Das gehört der Dani Huber, meiner ehemaligen Anzieherin, wo ich noch Musicals gespielt hab. Sie hat einen Wirt geheiratet, und der kocht aufgemotzte Omaküche: Da gibt es das beste Kalbsrahmbeuschel der Stadt.

Und was nehmen Sie sonst noch aus der Weinbau-Metropole und Beisl-Hochburg Wien mit?

Ich gehe sehr gern am Prater spazieren. Da gibt es wundervolle Wirtshäuser. Manche von denen sehen aus wie eine Bruchbude, aber innen drin ist’s urgemütlich. Da ess ich dann Linsen mit Speck oder geröstete Blunzn mit Sauerkraut und Knödel. Oder ich geh mit meinen Freundinnen in den 8. Bezirk, in die Josefstadt, einen von den wienerischen Boho-Bezirken, also mit viel Bohemien und Chichi. Da trinken wir in einer der noblen Vinotheken einen Gemischten Satz.

Während meiner Recherche bin ich darauf gestossen, dass Sie ab 1997 zwei Jahre unter der Regie von Roman Polanski gespielt haben. Wie war die Zusammenarbeit?

Sie meinen das Musical «Tanz der Vampire» im Wiener Raimund Theater mit der Musik von Jim Steinmann. Polanski war cool. Er sagte am Beginn jeder Probe nur: «Did you learn your words?» Und wir Darsteller antworteten: «Yes, Mr. Polanski.» – «Well, so thendo the scene!» Er hat uns einfach spielen lassen und nur eingegriffen, wenn es in eine falsche Richtung ging. Ich habe die Rolle von Magda, der Magd, gespielt und dafür den IMAGE (International Musical Award Germany) gewonnen.

Ab Oktober dieses Jahres stehen Sie mit Ihrem Programm «Radikal Inkonsequent» auf den österreichischen Bühnen. Sind Sie persönlich radikal inkonsequent?

Ja und nein. Manchmal bin ich fokussiert und diszipliniert. Manchmal sehr zerstreut, unpünktlich und undiszipliniert. In meinem neuen Programm werde ich viel mehr singen als in meinen bisherigen Programmen. Die Songs, die ich singen werde, sind ureigene Interpretationen von ABBA bis Frank Zappa, quer durch alle Musik-Genres. Zu manchen Liedern schreibe ich eigene Texte in burgenländischer Mundart.

In Los Angeles hatten Sie ein Jahr Schauspiel-Unterricht bei Eric Morris und David Hall. Hat Sie denn nichts in der kalifornischen Metropole der Schönen und Reichen gehalten?

Ich mag keine Weine aus Napa Valley. (lacht) Nein ehrlich, das war krank da. Ich habe in Sizilien, Ghana, Wiesbaden und Bremen gelebt. Da war’s überall schöner, aber ich glaube, ich bin letzten Endes doch zu sehr bodenständige Burgenländerin.

Was machen Sie, wenn Sie zwischen Kabarett und Fernsehshows Zeit haben, Mal ins Burgenland zu fahren?

Wissen S’, das Burgenland ist eine Thermenregion. Es gibt unzählige Thermalbäder. Und ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als im heissen Wasser zu schweben, und draussen tanzen die Schneeflocken. Danach gehe ich in einen Heurigen im Hof oder in den Weinkeller und bestelle Bratlfettnbrot mit Kren oder Schmalzbrot mit Zwiebeln.

Und welchen Wein bestellen Sie dazu?

Meistens trinke ich Grünen Veltliner oder Welschriesling. Die Weissen vertrage ich besser. Da ist schnell mal eine halbe Flascheausgetrunken. Bei den Roten bin ich etwas vorsichtiger. Von denen gibt’s wenn, dann nur ein Achtel.