Dossier Luxemburg 2022: Über den Wert des Weines
Chris Van Aeken im Portrait
Text: Matthias F. Mangold und Claudia Stern
Es lohnt sich, unterschätzte Weinregionen wie die 42 Kilometer lange luxemburgische Mosel zu erkunden. Mehr noch, Luxemburg ist eine boomende Hauptstadt der Wein- und Gourmetliebhaber. Man sollte diesen Diamanten in der Welt des Weins auf jeden Fall entdecken, meint Chris Van Aeken, Verwaltungsrat der Banque Internationale à Luxembourg (BIL) und der BIL Suisse.
Sein Weinleben begann früh mit seinen belgischen Eltern, die jedes Jahr nach Spanien reisten und auf dem Rückweg im Burgund Halt machten. Im Alter von zehn Jahren besuchte er Bernard Massards Weingut in Luxemburg, das einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterliess. Weine aus Luxemburg standen schon immer auf dem Familientisch, vom erfrischenden Bernard-Massard-Schaumwein als Aperitif bis zum mineralischen Riesling oder duftigen Rivaner zum Abendessen.
Neben seiner Karriere in der Finanzwelt absolvierte er das prestigeträchtige WSET-Diplom Level 4. So schreibt Chris Van Aeken über Wein, reist um die Welt, um Winzer zu treffen, und ist ausserdem Mitglied der Commanderie de Bordeaux, der Confrérie des Chevaliers de la Chantepleure de Vouvray und mehrerer renommierter Weinclubs, darunter 67 Pall Mall (London) und Dr. Wine (Beaune). Als Angel-Investor in einer Reihe von Unternehmen, bevorzugt er Crurated, eine Blockchain-gestützte neue Weinplattform mit einer kuratierten Auswahl an edlen Weinen.
Chris Van Aeken veranstaltet regelmässig hochkarätige Weindinner für Sammler und Weinliebhaber – von Reykjavik über Brüssel bis Singapur. Einige Weine eignen sich hervorragend als «vin de méditation»: Ob nach der Arbeit zur Entspannung oder als edler Begleiter zum Essen und in Gesellschaft guter Freunde. «Wein ist immer ein Gesprächsöffner für Menschen jeder Herkunft, und die Geschichten unter den Sammlern sind legendär», meint Van Aeken. Bei Restaurantbesuchen studiert der Weinenthusiast nahezu stundenlang die Weinkarten (sehr zum Unmut seiner Ehefrau), um nach einer besonderen Flasche zu suchen.
Weininvestitionen für Sammler
Als erfahrener Banker weiss Van Aeken, dass vermögende Kunden nicht nur Weinliebhaber sind, sondern auch als Sammler grosses Interesse zeigen. Eine Weinverkostung in Zürich bei der Banque Internationale á Luxembourg (BIL) Suisse im vergangenen Jahr, bei der luxemburgische Weine vorgestellt wurden, zog viele langjährige Kunden, darunter viele junge weibliche Kunden in die Räumlichkeiten der Bank. Die VINUM-Weinprobe war auf jeden Fall beliebter als der makroökonomische Ausblick der Bank, so Chris Van Aeken. Seriöse Weinsammler hebeln ihre Sammlungen oft durch einen Lombardkredit bei der Bank aus (abgesichert durch ihre liquiden Geldanlagen), da die historischen Renditen die Finanzierungskosten in der Regel weit übersteigen. Auf diese Weise können Sammler ihr Weinportfolio erweitern und nach einzigartigen, seltenen Flaschen Ausschau halten. Natürlich ist die historische Performance nicht immer ein guter Anhaltspunkt für die Zukunft, aber angesichts niedriger Zinsen und steigender Inflation kann sich ein Weinportfolio als gute Investition erweisen. Ein kleiner Anteil an Hard Assets in einem ausgewogenen Anlageportfolio kann nicht schaden. Viele Sammler kaufen in der Tat einige Kisten mit der Absicht, eine davon später zu einem höheren Preis zu verkaufen, um einen Teil der Investition zurückzugewinnen und die Kosten für den ursprünglichen Kauf zu senken. Vor ein paar Jahren führte Chris van Aeken für eine Vorlesung an der IESE-Universität in Barcelona eine umfassende Studie über den Wert von Wein durch. Er kam zu dem Schluss, dass die Preise für edle Weine in den letzten zwei Jahrzehnten stark mit dem Aufstieg und dem Wirtschaftswachstum Chinas korrelierten, dessen Sammler zu wichtigen Playern auf dem Weinmarkt wurden. Deren Impulse wurden nun von sachkundigen und wohlhabenden Weinkäufern zum Beispiel aus Brasilien übernommen. Europäische Sammler nehmen nach wie vor eher an den «en primeur»-Angeboten französischer und italienischer Spitzenweine teil. Neben der Kaufkraft der Weininvestoren auf der ganzen Welt, den umfangreichen Investitionen in begehrte Weine durch Weinfonds und dem etablierten Einfluss von Weinautoren und -publikationen ist für die Entwicklung der Weinpreise die wiedergewonnene Bedeutung der Weingüter selbst ein wichtiger Faktor. Diese bestimmen selbst ihre Preise, schalten Zwischenhändler aus und stellen ihre Spitzenweine den Sammlern immer öfter direkt zur Verfügung.
Luxemburger Perlen
Luxemburgische Weine gelten derzeit bei internationalen Sammlern nicht als «sammelwürdig » im herkömmlichen Sinne, da die Spitzenweine (wie Abi Duhr, Alice Hartmann oder Caves Bernard) ausserhalb des Landes nur schwer zu finden sind, nur in winzigen Mengen produziert werden und es ihnen an Anerkennung durch die Weinkritik fehlt. Es ist jedoch möglich, in Luxemburg echte Perlen zu finden, die ein unglaubliches Preis-Leistungs-Verhältnis bieten und sich wunderbar mit Speisen kombinieren lassen. Ähnliche Weine aus berühmteren Weinregionen würden ein Vielfaches ihres Preises kosten. Chris van Aeken ist es wichtig, zu betonen, dass der «Wert eines Weins» stark im Auge des Betrachters liegt: «Um die Weine zu finden, die man liebt, sollte man viel verkosten, sich mit Freunden austauschen, Weinzeitschriften lesen und nach Möglichkeit den Urlaub immer mit Besuchen von Weingütern weltweit verbinden.» Sein Rat: «Verteilen Sie die Sammlung auf verschiedene Regionen und Jahrgänge, aber kaufen Sie vor allem Weine, die Sie auch trinken möchten. Für den Aufbau einer Sammlung ist die Herkunft Ihrer Weine aus seriösen Quellen von grösster Bedeutung, und sie sollten professionell oder in ausgezeichneten privaten Weinkellern gelagert werden, um ihren Wert zu erhalten.»
«Bewahren Sie Originalrechnungen auf, da diese die Herkunft belegen und die Auktionshäuser diese beim Verkauf sehr schätzen.»
Ein besonderes Vergnügen ist, neue Regionen zu erkunden, die unter dem Radar liegen, und neue Weingüter in klassischen Regionen zu entdecken. Chris Van Aeken ist der Meinung, dass es bei den Winzer-Champagnern in Chablis, im Beaujolais, an der Rhône, in Deutschland, Portugal und... in Luxemburg grosse Entdeckungen zu machen gibt. Er empfiehlt die Luxemburger Weinstrasse, die sich über 42 Kilometer von Rosport im Norden bis Schengen im Süden erstreckt und ein Kaleidoskop an Weinerlebnissen bietet. Auch das Biodiversum in Remerschen ist ein Muss. Kein Wunder, dass die Sitzungen des BIL-Aufsichtsrats manchmal in diesem schönen Weinanbaugebiet abgehalten werden. Und schliesslich empfiehlt Van Aeken einen Besuch in Luxemburg-Stadt mit seinen feinen Restaurants, die oft eine grosse Auswahl an lokalen Weinen haben.