Kochen zu Fetească aus Rumänien

Trinken, kochen, essen: Musaca, Sarmale, Pastramă… und so viel mehr!

Text: Ursula Heinzelmann, Fotos: Foto: StockFood/Lucy Parissi/GettyImages/freeskyline/Mihai Colfescu/Huw Jones/Boris SV/kajakiki

Câmpia Română, die Tiefebene der Walachei, reicht mit Flussniederungen und Sandböden, Lössablagerungen und vor allem fruchtbaren Schwarzerdeböden im Süden bis zum Schwarzen Meer und im Nordosten bis in die Ukraine; im Norden dieser Kornkammer Südosteuropas steigen Hänge auf: die Karpaten, Heimat der Fetească-Reben.

Die Karpaten sind die südlichsten Ausläufer des imposanten Gebirgsgürtels, der sich in einem grossen Bogen von Serbien bis nach Wien spannt und zur gleichen Zeit wie die Alpen entstand, an die er sich im Westen anschliesst. In seinem Inneren, in Transsilvanien, haben sich alte, dichte Wälder erhalten. Dort leben bis heute Braunbären, Wölfe und Luchse. Rumänien, das ist wilde Urigkeit einerseits und Industrie, Wirtschaft und Lebensstil der Moderne andererseits, auf den Strassen donnern schwere Sattelzüge an Pferdefuhrwerken vorbei. Beim Wein sorgen ausserdem eine Vielzahl an heimischen Rebsorten, eine grosse klimatische Bandbreite von maritim über mediterran bis kontinental, sehr unterschiedliches Terrain sowie kulturelle Einflüsse von deutschsprachigen Sachsen in Transsilvanien bis zu Römern und Ottomanen für unzählige Facetten.

Die Hänge von Dealu Mare – dem «grossen Hügel» – in der Grossen Walachei, die wiederum im Osten an den rumänischen Teil von Moldova angrenzt, sind ein guter Einstieg für eine erste Orientierung. Hier sind die besten Weinberge in einem sich über etwa 70 Kilometer erstreckenden Bogen von West nach Ost in lang geschwungenen Terrassen bis auf 550 Meter Höhe genau dort angelegt, wo Ebene und Berge aufeinandertreffen, und hier kann sich der komplexe Charakter der Fetească-Reben, der vielleicht wichtigsten der indigenen Sorten, voll entfalten. Denn in Dealu Mare, eine gute Autostunde nördlich von Bukarest entfernt, zeigen sich die Karpaten von ihrer freundlichen, sanften Seite. Der kontinentale Klimaeinfluss ist durchaus spürbar – im Winter schneit es, das Thermometer sinkt auf minus zehn Grad Celsius und darunter, im Sommer steigt es auf 35 Grad, letzthin auch bis auf 40 Grad. Doch die Berge schützen vor den kalten Winden. Dazu kommt der Einfluss des Mittelmeers – Ende Februar blühen hier die Mandelbäume.

«Bei den Roten wissen wir, was wir tun, der Fall ist abgeschlossen. Bei den Weissen hingegen ist es wie eine neue Welt!»

Bogdan Costăchescu, Mitbesitzer und Generaldirektor Weingut Davino, Dealu Mare

Dealu Mare liegt wie Bordeaux am 45. Breitengrad, und in den 1950er Jahren waren denn auch französische Önologen von der Gironde begeistert vom weinbaulichen Potenzial des Gebiets. Doch die rigorose Verstaatlichung führte damals zu staatlichen Grossbetrieben von weit über 2000 Hektar und kompromittierte jegliche Qualitätsbestrebungen. Erst nach dem Sturz des sozialistischen Diktators Nicolae Ceaușescu kam es in den 1990er Jahren zu Rückübertragungen – doch kaum jemand fühlte sich noch als Winzer, Industrialisierung und Landflucht nahmen ihren rapiden Lauf. Heute ist wieder Optimismus zu spüren, kommen die Städter aus Bukarest mit dem Fahrrad zum grossen Hügel, wo es neben stattlichen Herrenhäusern auch kleine Höfe zu entdecken gibt, mit trutzigem Wachturm, der Keller darunter mit dicken Mauern und Wein wie zu Zeiten der Grosseltern. In der Korbpresse gekeltert, in Fässern aus rumänischer Eiche gelagert, moderner, alter, rumänischer Wein – das ist auch im eigenen Glas eine spannende Entdeckungsreise.

Albă, Regală und Neagră

Das Fetească- Dreigestirn

Weiss, königlich und schwarz sind sie, die drei rumänischen (wörtlich übersetzt) «jungen Mädchen». Die königliche Fetească gilt als die unkomplizierteste und ist die meistangebaute unter den drei Sorten. Doch die weisse – offenbar keine direkte Verwandtschaft – bietet weitaus mehr Potenzial für charaktervolle Weine mit ausgeprägtem floralen Duft nach Zitronenblüten und -früchten und belebender, runder Säure. Die schwarze zeigt eine grosse stilistische Bandbreite; in ihrer besten Form wirkt sie steinig, beinahe staubig, mit sehr komplexer rotblauer Frucht und viel Umami.



Klassische Mariage: Musaca

Eng verwandt mit der bekannteren griechischen Variante ist die rumänische Musaca cu Cartofi ein Kartoffelauflauf mit Béchamelsauce und Hackfleisch.

Die vorgekochten Kartoffeln werden in Scheiben mit der Sauce und dem mit passierten Tomaten, Tomatenmark, Knoblauch und Kräutern gewürzten Lammhackfleisch eingeschichtet und mit geriebenem Käse bestreut im Ofen gebacken. Die runde, belebte und in vielen Fällen mineralische Art von Fetească Albă bringt Schwung in dieses eher bodenständige Gericht, gleichzeitig hat er Kraft genug, um ihm standzuhalten.

Dazu: Fetească Albă

Er belebt den Auflauf mit Zitrusaromen, die an gelbe Grapefruit erinnern, sowie mineralischer, runder Säure, bringt aber auch selbst ausreichend Körper mit, um nicht in die Nebenrolle gedrängt zu werden.

Neue Mariage: Pulled Pork mit Barbecue-Sauce

Eine mit Gewürzen eingeriebene, im Smoker langsam gegarte Schweineschulter, die zum Schluss mit einer fruchtig-säuerlichen Barbecue-Sauce glasiert wird und sich auch ohne Messer zerteilen lässt: perfekter Auftakt zur Grillsaison!

Und perfekter Begleiter zum Fetească Neagră. Dieser kann hier seine ganze Vielseitigkeit demonstrieren, so richtig nach reifsten Pflaumen und einem Hauch Holunder duften, am Gaumen zuerst geschmeidig die Süsse des Fleisches aufgreifen, um sich dann mit herben, festen Gerbstoffen des Rauches und Fetts anzunehmen.

Dazu: Fetească Neagră

Er fügt den Barbecue-Aromen seine ganz eigene Dimension hinzu, spielt mit Pflaumenfrucht, Geschmeidigkeit und herben Gerbstoffen auf ganzer Linie mit und ist sowohl der Süsse als auch dem Rauch und Fett ein angemessenes Gegenüber.

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