Kochen und Essen zu Weinen aus dem Roussillon

Trinken, kochen, essen: Roquefort, Laguiole, Pélardon…und so viel mehr!

Text: Ursula Heinzelmann / StockFood / Foodcollection

Wild und bewegt ist die Geschichte des Roussillon, die Böden sind steinig, die Hitze ist oft sengend und die Winde sind schneidend am Fusse der östlichen Pyrenäen, wo das Mittelmeer nahezu unvermittelt den Bergen entgegenblitzt und so das Potenzial der Weissweine erahnen lässt.

Frankreich wirkt auf der Landkarte der Gegenwart wie die authentische Verkörperung solider Einheit. Doch «l’hexagone», das Sechseck, scheint zeitloser, als es tatsächlich ist. Seine Konturen waren über die Jahrhunderte hinweg besonders im Norden und Osten keinesfalls in Stein gemeisselt. Roussillon unterstand als eine der katalanischen Grafschaften seit dem 12. Jahrhundert der Krone von Aragón und wurde zeitweise von Mallorca regiert – damals war Perpignan die Hauptstadt des balearischen Königreichs. Erst mit dem Pyrenäenfrieden von 1659, nach den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Spanien und Frankreich im Zuge des Dreissigjährigen Krieges, wurde von oberster Stelle in Paris die radikale Neuorientierung um 180 Grad angeordnet. Ab sofort sollte ausschliesslich Französisch gesprochen werden unter den Pfirsichbäumen in den Niederungen der Flusstäler von Agly, Têt und Tech, am Fusse der schneebedeckten Gipfel des Pic du Canigou, Pic de Costabonne und des Massif des Albérès, in den Fischerhäfen und Festungen der Côte Vermeille, also in Collioure, Elne, Perpignan, Thuir, Céret und Prades. Dass Ludwig XIV. den Gebrauch des Katalanischen dann 1700 per Edikt offiziell untersagte, deutet an, dass der Blick nach Versailles nur widerstrebend erfolgte. Bis heute sind die «Catalans» Protestkundgebungen gegenüber nicht abgeneigt, ist die Flagge des Roussillon wie jenseits der Pyrenäen gelbrot gestreift, und «el català» gewinnt wieder an Boden.

Beim Wein war die Orientierung nach Süden noch hartnäckiger.

«Zwischen Bergen und Meer ist das Roussillon eine kleine katalanische Region in Frankreich, die von grossen Kontrasten geprägt ist.»

Marc Barriot, Winzer, Clot de L’Origine, Maury

Wahrscheinlich fassten die Reben in diesem trockenen, windigen und intensiv sonnigen Landstrich im 7. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung erstmals systematisch Fuss, als die griechischen Siedler in Marseille ihr Potenzial für die damals hoch geschätzten süssen Muskateller-Weine erkannten. Bis heute sind Rivesaltes, Banyuls und Maury für ihre Vins Doux Naturels bekannt, aromatische aufgespritete Weine mit natürlicher Traubensüsse, ausserdem wächst hier selbstverständlich viel Rotwein, während trockene Weissweine lange Zeit ein mit der katalanischen Sprache vergleichbares Schattendasein führten. In den letzten Jahren kommt jedoch dank einer neuen Generation entschlossener Winzer das aussergewöhnliche Terroir durch teils sehr alte Reben auch in dieser spannenden Form immer deutlicher zum Ausdruck.

Dazu: Käse aus dem Süden Frankreichs – weil er der Landschaft häufig ebenso abgerungen wurde wie der Wein und weil er wie die Reben überall dort für ein Auskommen sorgte, wo an Äcker und Pflugscharen nicht zu denken war. Und ebenso viel Charakter zeigt! Was zu der kräftigen, aber nie schweren Duftigkeit der Weissweine ganz hervorragend passt. Probieren Sie selbst…

Vielfalt der Böden

Vielfalt der Appellationen und Stile

Die aussergewöhnliche Vielfalt der alten Böden – Kalkstein, Mergel, Schiefer, Kies, Sand, Schluff, Ton, Granit – wird von einer beeindruckenden Vielfalt an Rebsorten übersetzt. Für Weissweine deckt die IGP Côtes Catalanes das gesamte Département Pyrénées-Orientales ab, während die AOP Côtes du Roussillon selektiver angelegt ist. Die Villages sind den Rotweinen vorbehalten, die winzige IGP Côte Vermeille den leichteren Weinen aus dem unmittelbaren Hinterland von Collioure. Daneben bilden maischevergorene Orange-Weine heute eine eigene Kategorie, besonders um Maury herum.



Klassische Mariage: Anchovis mit gegrillter Paprika

Anchovis oder Anchois, also Sardellen, gibt es überall am Mittelmeer, aber Collioure ist besonders bekannt für die kleinen Fische.

In Salz oder Olivenöl eingelegt werden sie in Katalonien am liebsten auf gegrillter roter Paprika mit hartgekochten Eiern und Kräutern serviert, eine einfache Version des Salade Niçoise. Die Paprika lässt sich nach dem Grillen leicht häuten, wenn man sie noch heiss in Zeitungspapier wickelt, und ihre Aromatik kommt durch ein paar Tropfen Banyuls-Essig und etwas Knoblauch besonders gut zum Ausdruck – all das gefällt besonders jenen Weinen, die eher säurearm und geschmeidig sind, von Grenache Blanc und Gris sowie insbesonderem Macabeu geprägt.

Aus dem Roussillon dazu Geschmeidig-weiche Weissweincuvées

Macabeu oder Macabeo, in der Rioja auch als Viura bekannt, ist ertragfreudig, ausgesprochen trockenresistent und fühlt sich im Roussillon sehr wohl. Die säurearmen, nicht unbedingt alkoholarmen Weine können gut mit den fettigen und intensivwürzigen Fischlein sowie all der mediterranen Aromatik umgehen.

Neue Mariage: Parmigiano Reggiano

Ein Käseblick über die Grenzen und die Ermunterung, nach wirklich gutem Stoff zu suchen und bewusst zu geniessen.

Viel zu oft fristet Parmesan, dieser zwar harte, aber doch zugleich bröckelig-mürbe Kuhmilchkäse aus der Emilia-Romagna im Zentrum Italiens, ein Schattendasein, ist auf Reiben und Überbacken reduziert. Dabei zeigt er eine ganz eigene, durch fruchtige Säure bestimmte Art, erinnert manchmal sogar an frische Ananas. Und passt daher ausgesprochen gut zu auf der Maische vergorenen, wenig geschwefelten, sogenannten Natur-Orange-Weinen aus Grenache Blanc und Gris aus dem Roussillon!

Aus dem Roussillon dazu Orange-Weine aus Grenache Blanc und Gris

Tiefe, weiche gelbe Frucht wird hier von Tannin strukturiert, und das harmoniert hervorragend zur herben Fruchtigkeit von 24-monatigem Parmigiano Reggiano weisser oder roter Kühe. Ähnlich wie alte Reben beim Wein sorgen alte Tierrassen für Komplexität und Ausdruck in Milch und Käse.

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