Kochen und essen zu Weinen von Mallorca

Mallorca: Pimentón, Sobrassada, Tumbet und so viel mehr!

Text: Ursula Heinzelmann, Foto: Gettyimages / barol16 / Al Gonzalez / Proformabooks / Daniel Lozano Gonzalez / bhofack2

Zwischen der wilden Steilküste der Tramuntana-Gebirgskette, den Sandstränden und der Bucht von Palma hat die grösste Insel der Balearen viel zu bieten. Das gilt ganz besonders auch für das Kulinarische und den Wein - ein wunderbares Amalgam von Altem und Neuem.

Denn vor den Touristen kamen viele andere! In der Jungsteinzeit siedelten sich die ersten Mallorquiner vom spanischen oder südfranzösischen Festland kommend entlang der Küste in Höhlen an. Später errichteten sie aus enormen Steinquadern mächtige Navetes und Talaiots - wahrhaft Zyklopenbauten, die auf gut genährte, kräftige Menschen deuten, die den natürlichen Reichtum der Insel zu nutzen wussten. Die strategische Lage im Mittelmeer liess in der Folge allen Verteidigungsbauten zum Trotz viele andere hier landen. Die Phönizier kamen aus Karthago, legten Salzbecken an und rekrutierten Mallorquiner als steinschleudernde Söldner für den Kampf gegen die Römer, sind also am «ballistischen» Namen der Inselgruppe schuld.

Die Punischen Kriege verloren sie trotzdem. Die Inselbewohner gaben sich darauf dem Piratentum hin, bis die römischen Besatzer dem ein zivilisierendes Ende setzten, auf der «grossen Insel» Palma die Stadt Palma erbauten sowie Ölpressen, Weinkeltern und Brotöfen mitbrachten. Zweifellos liegt hier die erste Hochzeit des mallorquinischen Weins - was die nächsten Besucher, die Vandalen, davon hielten, ist nicht überliefert. Es heisst, auch die folgende byzantinische Herrschaft habe keinen grossen Einfluss gehabt, und die Wikinger hätten «nur» geplündert. Araber und Mauren hingegen pflanzten Mandeln und Feigen und sorgten für Bewässerung, die spätere spanische Herrschaft brachte die schwarzen Schweine mit: Die heutige mallorquinische Küche schlägt die Brücke zwischen westlichem und östlichem Mittelmeer, Nordafrika und Südfrankreich.



Der Weinbau setzte sich selbst unter islamischer Herrschaft fort, florierte immer weiter. Süssweine aus Malvasia wurden im gleichen Atemzug wie Madeira genannt und zu lukrativen Preisen gehandelt. Doch dann folgte die Reblaus allen anderen Besuchern, mit den üblichen verheerenden Folgen. Nun war es an den Mallorquinern auszuwandern. Wer blieb, pflanzte statt Reben Oliven und Orangenbäume in den terrassierten Hängen.

Und dann - kamen die Touristen. Die beileibe nicht nur Bier am Strand trinken wollten, sondern Wein! In den letzten Jahrzehnten hat sich die «grosse Insel» auf ihre einstige Stärke besonnen und zu einem der führenden Anbaugebiete Spaniens entwickelt, mit einer grossartigen Vielfalt an Weinen, die mediterrane Reife und Meeresfrische in sich vereinen und die vielen landschaftlichen Facetten abbilden. Das bedeutet: Mit ihnen lässt es sich wunderbar reisen, ohne auch nur einen Fuss vor die Tür zu setzen, und als echte Mittelmeergeschöpfe möchten sie unbedingt kulinarisch begleitet werden - salut i bon profit.

Die Weinregion Mallorca

«Regionaler Bio-Anbau erlebt hier einen enormen Boom, und viele Winzer gehen zu Naturwein über.»

Stefan Lundgren, schwedischer Künstler, Galerist und Weinhändler auf Mallorca

Der Aufschwung seit den 1980er Jahren basiert gleichermassen auf internationalen wie autochthonen Sorten, und es gibt zwei DO: Binissalem und Plà i Llevant. Viele Erzeuger vermarkten ihren Wein jedoch eher als Landwein, Vi de la Terra Mallorca, und füllen unfiltriert mit wenig Schwefel ab. Malvasia erlebt eine Renaissance, alte Sorten wie Gorgollassa und Giró Ros wurden vor dem Aussterben gerettet, das Potenzial anderer Weine, wie des mineralisch eleganten roten Callet, wird erstmals ganz ausgelotet. Prensal (aka Moll) wird häufig mit Chardonnay oder Viognier zu wunderbar trinkigen, tropisch anmutenden Weinen verschnitten. Mit weiss gekeltertem Callet wird daraus hingegen ein überraschend lebhafter, frischer Wein, mit Moscatel ein nahezu zart anmutender.

Pa amb Oli

Allen kreativen Tapas und Pintxos zum Trotz: Ohne Pa amb Oli, Brot mit Olivenöl, geht einfach gar nichts. Und natürlich gehört dazu etwas mehr als «nur» Brot und Öl.

Das dichte helle Brot wird mit Knoblauch und Tomaten eingerieben, mit Olivenöl beträufelt - und bringt alles mit, was mallorquinische Weine als Gegenüber brauchen. Säureweicher Prensal im Verschnitt mit Chardonnay und Moscatel, cremig und eher kräftig im Alkohol, umfängt alles sehr entspannt in einer grossen Umarmung. Belebter und belebender hingegen wirkt ein schäumender Ancestral, ebenfalls als Verschnitt aus Giró Roz, Malvasia und Prensal, und nahezu gewagt (aber grossartig!) burgundisch mutet ein roter Callet an.

Weisse Cuvée aus Prensal, Chardonnay und Moscatel umfängt alles zusammen dank des Olivenöls.

Ancestral aus Giró Roz, Malvasia und Prensal tanzt beschwingt mit Tomaten und Knoblauch.

Callet, mineralisch und fein,verleiht dem bescheidenen Pa amb Oli Eleganz.

Gebratener Spargel

Die feine, gemüsige Bitternote und hintergründige Säure der weissen Stangen kommt beim Braten noch besser zum Ausdruck und bietet den Weinen ein grossartiges Gegenüber.

Chardonnay fühlt sich auf den mallorquinischen Kalkböden sehr wohl und legt sich mit leicht röstigen Noten vom Eichenfass wie eine cremige Sauce um den Spargel. Ein Rosé aus den Bordeaux-Sorten und der autochthonen Manto Negre agiert wie ein sommerlicher Rotwein dazu, als habe man ein kleines Steak zum Spargel gelegt. Sehr ungewöhnlich schliesslich ein unfiltriert und mit wenig Schwefel abgefüllter, herb-schlanker Malvasia - die Sorte, aus der einst hochgerühmte Süssweine entstanden und die wie so viele andere beinahe verschwunden wäre.

Chardonnay fungiert wie eine cremige Sauce zum Spargel.

Rosé aus Bordeaux-Sorten und Manto Negre übernimmt die Rolle der Fleischbeilage.

Malvasia, herb und schlank, bringt die gemüsige Seite der Stangen zum Ausdruck.

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